Author: Patrick

  • Karl Marx meets Lรฉo Ferrรฉ at the casino

    Rouge et Noir โ€“ A short story from Monaco

    The night hung heavy over the principality when Karl Marx, marked by the dusty winds of Algiers, arrived in Monaco. His beard was tousled, his eyes glowed like coals, and yet he seemed weary from the battles of ideas. He had not sought the way to Monte Carlo, but here he wasโ€”on the threshold of the casino, where wealth and ruin were distributed at the tables of โ€œRouge et Noir.โ€

    Inside, amid sparkling chandeliers and the clatter of chips, sat Leo Ferrรฉ, the anarchist, poet, and singer. He had just growled the words โ€œPoรจteโ€ฆ vos papiers!โ€ when he saw Marx. They did not know each other, but it was as if they had always been destined to meet.

    โ€œMonsieur Marx,โ€ Ferrรฉ began mockingly, “here, where luck crumbles into cards and balls, you would search in vain for the proletariat. Only bourgeois and gamblers โ€“ the true rulers of the 20th century.”

    Marx took off his coat, sat down, and glanced at the roulette wheel: “My dear Ferrรฉ, this house is the purest allegory of capital. The ball rolls, and the player believes in freedom. But in truth, the laws of probability are as inexorable as economics. The casino always wins.”

    Ferrรฉ laughed harshly: โ€œBut it gives us illusion! People need dreams, not just analysis. Monacoโ€”it has changed. From a poor rock with fishing nets to a realm of the rich. And yet: here, the longing for freedom creeps into every chanson.โ€

    Another figure stepped out of the shadows: Guillaume Apollinaire, his forehead filled with poems, like others with wine. “You speak of illusion and freedom? I tell you, Monaco is a poem in which the words roulette ball and sea, betrayal and hope, are intertwined. You don’t have to dissect them โ€“ you have to sing them.”

    The dialogue heated up, and the smoke from the cigars mingled with the spirit of the debates. Then Anthony Burgess entered the room, sharply dressed, a smile on his lips. He sat down as if he wanted to direct the scene. โ€œGentlemen, I wrote about violence and control, about societies that are like chessboards. But Monaco? It’s a laboratory. Here you can see how a microstate survives: through money laundering, through glamour, through the export of dreams. A dystopian microcosm.โ€

    โ€œDystopia?โ€ snorted Marcel Pagnol, the southern storyteller, who had just arrived. “I tell you: here, too, the people live, here, too, the kitchen smells of garlic and the sea. Behind the facades of the casino, children laugh, old women tell stories, and the fishermenโ€”yes, they still existโ€”cast their nets. You can’t just see the glitz. You have to feel the heart of the Midi.”

    The voices collided like balls on a roulette wheel. Marx railed against capitalism, Ferrรฉ sang verses of rebellion and love in a low voice, Apollinaire spoke in images, Burgess painted fears of the future, and Pagnol defended the everyday nature of humanity.

    Finally, the croupier dropped the ball. It rolled, bounced, danced. All eyes were on the game, which suddenly became more than just a game. โ€œRouge!โ€ cried the room, and indeed โ€“ the ball landed on red.

    Marx stood up: โ€œYou see? It’s always a battle: red against black. And as long as people believe that happiness can be bought, history remains unfinished.โ€

    Ferrรฉ reached for his cigarette, blew smoke into the chandelier, and whispered, โ€œOr you sing against it, Karl. You sing so loud that even the walls of this casino shake.โ€

    And outside, the Mediterranean Sea roared, indifferent as ever, while in Monaco the ball continued to rollโ€”through the decades, through the voices of poets and rebels.


    in deutsch:

    Rouge et Noir โ€“ Eine Nouvelle aus Monaco

    Die Nacht hing schwer รผber dem Fรผrstentum, als Karl Marx, vom staubigen Wind Algiers gezeichnet, in Monaco eintraf. Sein Bart war zerzaust, die Augen glรผhten wie Kohlen, und doch wirkte er zugleich mรผde von den Kรคmpfen der Ideen. Er hatte nicht den Weg nach Monte Carlo gesucht, aber er war hier โ€“ auf der Schwelle des Casinos, wo Reichtum und Ruin sich an den Tischen des โ€žRouge et Noirโ€œ verteilten.

    Drinnen, zwischen funkelnden Kronleuchtern und dem Lรคrm der Jetons, saรŸ Leo Ferrรฉ, der Anarchist, Dichter und Sรคnger. Er hatte gerade die Worte โ€žPoรจteโ€ฆ vos papiers!โ€œ hingeknurrt, als er Marx erblickte. Sie kannten sich nicht, doch es war, als ob sie sich immer schon begegnen mussten.

    โ€žMonsieur Marx,โ€œ begann Ferrรฉ spรถttisch, โ€žhier, wo das Glรผck in Karten und Kugeln zerfรคllt, wรผrden Sie wohl das Proletariat vergeblich suchen. Nur Bourgeois und Spieler โ€“ die wahren Herrscher des 20. Jahrhunderts.โ€œ

    Marx legte den Mantel ab, nahm Platz, und sein Blick streifte das Roulette: โ€žMein lieber Ferrรฉ, dieses Haus ist die reinste Allegorie des Kapitals. Die Kugel rollt, und der Spieler glaubt an die Freiheit. Doch in Wahrheit sind die Gesetze der Wahrscheinlichkeit so unerbittlich wie die ร–konomie. Das Casino gewinnt immer.โ€œ

    Ferrรฉ lachte hart: โ€žAber es schenkt Illusion! Die Menschen brauchen Trรคume, nicht nur Analysen. Monaco โ€“ es hat sich gewandelt. Vom armseligen Felsen mit Fischernetzen zu einem Reich der Reichen. Und doch: hier schleicht sich die Sehnsucht nach Freiheit in jedes Chanson.โ€œ

    Aus den Schatten trat eine weitere Gestalt: Guillaume Apollinaire, die Stirn mit Gedichten gefรผllt, wie andere mit Wein. โ€žIhr sprecht von Illusion und Freiheit? Ich sage euch, Monaco ist ein Gedicht, in dem die Wรถrter Roulettekugel und Meer, Verrat und Hoffnung, sich ineinander verstricken. Man muss sie nicht zerlegen โ€“ man muss sie singen.โ€œ

    Der Dialog erhitzte sich, und der Rauch der Zigarren mischte sich mit dem Geist der Debatten. Da betrat Anthony Burgess den Saal, scharf gekleidet, ein Lรคcheln auf den Lippen. Er setzte sich dazu, als wolle er Regie fรผhren. โ€žMeine Herren, ich schrieb von Gewalt und Kontrolle, von Gesellschaften, die wie Schachbretter sind. Aber Monaco? Es ist ein Labor. Hier zeigt sich, wie ein Zwergstaat รผberlebt: durch Geldwรคsche, durch Glanz, durch den Export von Trรคumen. Ein dystopischer Mikrokosmos.โ€œ

    โ€žDystopie?โ€œ schnaubte Marcel Pagnol, der sรผdliche Erzรคhler, eben eingetroffen. โ€žIch sage euch: Auch hier lebt das Volk, auch hier riecht die Kรผche nach Knoblauch und Meer. Hinter den Fassaden des Casinos lachen Kinder, alte Frauen erzรคhlen Geschichten, und die Fischer โ€“ ja, es gibt sie noch โ€“ werfen ihre Netze. Man darf nicht nur den Glanz sehen. Man muss auch das Herz des Midi spรผren.โ€œ

    Die Stimmen prallten aufeinander wie Kugeln auf dem Roulette. Marx wetterte gegen den Kapitalismus, Ferrรฉ sang halblaut Verse von Aufruhr und Liebe, Apollinaire sprach in Bildern, Burgess malte Zukunftsรคngste, und Pagnol verteidigte die Alltรคglichkeit des Menschlichen.

    SchlieรŸlich lieรŸ der Croupier die Kugel fallen. Sie rollte, sprang, tanzte. Alle Augen richteten sich auf das Spiel, das plรถtzlich mehr war als ein Spiel. โ€žRouge!โ€œ rief der Saal, und tatsรคchlich โ€“ die Kugel fiel auf Rot.

    Marx erhob sich: โ€žSeht ihr? Es bleibt immer ein Kampf: Rot gegen Schwarz. Und solange die Menschen glauben, das Glรผck kรถnne man kaufen, bleibt die Geschichte unvollendet.โ€œ

    Ferrรฉ griff nach seiner Zigarette, blies den Rauch in den Kronleuchter und flรผsterte: โ€žOder man singt gegen sie an, Karl. Man singt so laut, dass selbst die Mauern dieses Casinos beben.โ€œ

    Und drauรŸen rauschte das Mittelmeer, gleichgรผltig wie immer, wรคhrend in Monaco die Kugel weiterrollte โ€“ durch die Jahrzehnte, durch die Stimmen der Dichter und Rebellen.


    Rouge et Noir โ€“ Ein Disput in Monte Carlo

    (Theater in Prosa, in vier Szenen)


    Personen

    • Karl Marx, Philosoph, vom Wรผstenwind Algiers gezeichnet.
    • Leo Ferrรฉ, anarchistischer Chansonnier, zynisch und glรผhend zugleich.
    • Guillaume Apollinaire, Dichter, halb Geist, halb Mensch.
    • Anthony Burgess, Schriftsteller, Beobachter der Moderne, ironisch.
    • Marcel Pagnol, Erzรคhler des Sรผdens, menschlich und warm.
    • Croupier, stumm, aber Schicksal in Bewegung setzend.

    Szene I โ€“ Ankunft

    (Ein Saal des Casinos. Spiegel und Kronleuchter, das Klingen von Jetons. Marx tritt ein, schwer atmend, den Mantel รผber dem Arm. Er bleibt am Roulette stehen. Ferrรฉ sitzt bereits da, Zigarette in der Hand.)

    Ferrรฉ: (spรถttisch)
    Monsieur Marx! Ein Revolutionรคr im Tempel des Spiels. Hier regiert nicht das Volk, hier regiert die Kugel.

    Marx: (setzt sich, mit Blick auf das Roulette)
    Gerade deswegen, mein Lieber. Hier zeigt sich das Kapital in seiner reinsten Form: Die Freiheit als Illusion, die Gesetze der Zahl als eiserne Notwendigkeit. Immer gewinnt das Haus.

    Ferrรฉ: (lacht rau)
    Aber das Haus nรคhrt die Trรคume. Und ohne Trรคume, Karl, hungern die Menschen mehr als ohne Brot.


    Szene II โ€“ Der Dichter

    (Apollinaire tritt aus dem Halbdunkel, ein Glas in der Hand, als sei er aus den Versen selbst herabgestiegen.)

    Apollinaire:
    Ihr sprecht von Brot und Illusion? Ich sage euch: Monaco ist ein Gedicht aus Marmor und Meer. Das Roulette singt, die Jetons reimen. Zerlegt ihr den Reim, bleibt nur Staub.

    Marx: (hart)
    Poesie ist das Opium des Bรผrgertums, solange sie den Aufstand nicht nรคhrt. Ihr verhรผllt die Wahrheit in schรถnen Bildern.

    Apollinaire:
    Und doch trรคumt selbst der Revolutionรคr in Versen.

    Ferrรฉ: (zischelt)
    Ich bin der Beweis. Meine Chansons sind Poesie, aber sie brennen.


    Szene III โ€“ Das Labor

    (Burgess tritt ein, scharf gekleidet, lรคchelnd. Er bleibt stehen, als fรผhre er Regie.)

    Burgess:
    Meine Herren, ihr trรคumt, ihr kรคmpft โ€“ und doch รผberseht ihr das Wesentliche: Monaco ist ein Labor. Ein Zwergstaat, der รผberlebt, indem er Kapital wรคscht, Glanz verkauft, Dystopie im Miniaturformat.

    Ferrรฉ: (bitter)
    Und doch kann ein Lied diese Puppenstube erschรผttern.

    Burgess: (kalt)
    Oder nur begleiten, wie Musik in einem Salon, wรคhrend die Spieler verlieren.

    (Pagnol tritt hinzu, die Wรคrme des Midi in der Stimme.)

    Pagnol:
    Ihr alle seht nur Fassaden. Ich sehe die Menschen: Fischer, Kinder, Mรผtter, Hรคndler. Hinter dem Glanz lebt ein Alltag. Geschichten, die nach Meer riechen. Monaco ist nicht nur Roulette.

    Marx: (schlรคgt mit der Faust auf den Tisch)
    Gerade sie sind es, die man verschlingt! Ihr Leben nรคhrt diesen Apparat, den ihr Alltag nicht schรผtzen kann.


    Szene IV โ€“ Entscheidung

    (Der Croupier setzt die Kugel in Bewegung. Alle verstummen. Die Kugel rollt, springt, klackt. Jeder Blick folgt ihr.)

    Marx: (erhebt sich)
    Seht! Hier verdichtet sich Geschichte: Rot gegen Schwarz. Symbol des Kampfes, Allegorie der Welt.

    (Die Kugel fรคllt auf Rot. Stille. Dann ein Aufatmen.)

    Marx: (triumphierend)
    Rot! Das Zeichen des Aufstands. Geschichte ist kein Spiel, aber sie kennt nur diesen Weg.

    Ferrรฉ: (blรคst Rauch in die Kronleuchter, leise)
    Vielleicht, Karl. Aber ohne das Lied, ohne den Traum, bleibt selbst dein Rot stumm.

    (Schweigen. Das Meer rauscht unsichtbar hinter den Spiegeln. Der Croupier sammelt die Jetons, ungerรผhrt.)

    Vorhang.

    Marx und Ferre
  • What impact did Graham Greene’s books have on life in Nice?

    Graham Greene spent over two decades in Nice (from the 1960s to the 1980s) and, with his books and personality, shaped not only the literary image of the city, but also the international public’s perception of Nice. The impact of his works on life in Nice can be described in several dimensions:

    1. Literary portrait of a city in the shadows
      Greene did not portray Nice as a glamorous holiday resort on the Cรดte d’Azur, but as a place with two faces: behind the glittering faรงade of the Promenade des Anglais lay corruption, crime, exiles, shady deals and human abysses. Novels such as Doctor Fischer of Geneva or The Bomb Party and his essays on the city painted a picture of Nice that was far removed from the idyllic postcard image. This โ€˜other Niceโ€™ became internationally known through him.
    2. Influence on the city’s self-image
      Greene was a prominent citizen of Nice and at the same time a sharp critic. He repeatedly attacked the corruption of local politicians in public, especially during the long era of Mayor Jacques Mรฉdecin. His literary and journalistic texts raised public awareness of these abuses. For some residents, he was an uncomfortable voice of warning, for others a kind of moral conscience.
    3. Impact on international perception
      His books made Nice not only a glamorous holiday destination for many readers worldwide, but also a stage for moral twilight, a โ€˜Greene landscapeโ€™ of intrigue, espionage, chance encounters and existential loneliness. This ambivalence influenced the city’s tourist and cultural image abroad.
    4. Literary appeal and lasting impact
      The fact that Greene lived in Nice and wrote about the city attracted other writers, journalists and intellectuals. Even today, literary city tours visit places associated with him โ€“ cafรฉs, hotels, streets. In doing so, he has secured Nice a permanent place in the โ€˜portfolio of world literatureโ€™.

    ๐Ÿ‘‰ In summary:
    Graham Greene’s books and writings about Nice had less direct social impact, but a strong cultural and symbolic impact. They made the city an international symbol of a โ€˜moral landscapeโ€™ full of contradictions, helped to highlight political injustices, and contributed to Nice being associated not only with sun and beaches, but also with literature, criticism and world views.


    A literary stroll through Graham Greene’s Nice

    1. Promenade des Anglais

    The famous coastal road is full of elegance on postcards, but for Greene it was often a place of shadows. He saw not only the sun and sea here, but also the gap between wealth and poverty. Walks along the promenade were part of his daily routine โ€“ but at the same time, it was a backdrop for stories of chance, encounters, and melancholy.

    1. Hรดtel Negresco

    The magnificent Belle ร‰poque hotel by the sea served as a symbol of luxury for Greene, which he viewed with suspicion. In his descriptions, the Negresco becomes a stage on which the rich celebrate, while corruption and decay reign outside. For today’s visitors, it is a key location for understanding Greene’s ambivalent relationship with glamorous Nice.

    1. Old Town of Nice (Vieux Nice)

    The narrow, dark alleys with markets, small bars, and a touch of decay appealed to Greene more than the gleaming facades of the beach hotels. Here he found the material for his observations: everyday life, the hidden, the margins of society. A stroll through the Rue de la Prรฉfecture or the Cours Saleya still gives a sense of this atmosphere today.

    1. Cafรฉ de Turin (Place Garibaldi)

    Greene liebte es, in Cafรฉs zu sitzen und Menschen zu beobachten. Das โ€žCafรฉ de Turinโ€œ, berรผhmt fรผr Austern und Meeresfrรผchte, gehรถrte zu seinen bevorzugten Plรคtzen. Hier verschwimmen die Grenzen zwischen Einheimischen, Reisenden und Exilanten โ€“ eine soziale Bรผhne, wie sie Greene fรผr seine Geschichten brauchte.

    1. Sein Wohnhaus in Cimiez

    Greene lebte lange im Viertel Cimiez, auf den Hรผgeln รผber der Stadt, wo einst auch Kรถnigin Victoria residierte. Dort hatte er Ruhe, zugleich aber auch Distanz zum Trubel der Kรผste. Von hier aus schrieb er, fรผhrte Korrespondenzen und empfing Besucher. Das Viertel selbst โ€“ mit seinen Palรคsten, Olivenhainen und alten Klรถstern โ€“ zeigt die Ambivalenz von Nizzas Geschichte zwischen Adel und Moderne.

    1. Place Massรฉna

    Der groรŸe Platz im Herzen der Stadt war fรผr Greene ein Ort der Beobachtung. Hinter den klassizistischen Fassaden verbarg sich fรผr ihn nicht nur Eleganz, sondern auch das Geschรคftemachen und die Nรคhe zur politischen Macht. Hier verdichtete sich sein Bild vom โ€žanderen Nizzaโ€œ โ€“ einem Ort, der nie nur schรถn, sondern immer auch zwielichtig war.

    1. Das politische Nizza โ€“ Rathaus und Gericht

    Greene engagierte sich รถffentlich gegen die Korruption unter Bรผrgermeister Jacques Mรฉdecin. Diese Haltung floss auch in sein literarisches Portrรคt der Stadt ein. Wer heute das Rathaus oder das Palais de Justice besucht, sieht Orte, die fรผr Greene nicht nur Verwaltungsgebรคude, sondern Symbole einer politisch unterwanderten Stadt waren.

    Nizza durch Greeneโ€™s Augen erleben

    Wer Nizza besucht, kann durch seine Orte spazieren und zugleich die unsichtbare Ebene seiner Literatur entdecken:

    Die Promenade ist nicht nur Meer, sondern auch Bรผhne fรผr Einsamkeit.

    Die Altstadt zeigt das wahre Leben hinter der glรคnzenden Fassade.

    Cafรฉs und Plรคtze sind Orte, an denen Geschichten entstehen.

    Graham Greene hat Nizza damit eine zweite Identitรคt geschenkt: hinter dem touristischen Bild liegt eine literarische Stadt, in der man stets zwischen Licht und Schatten wandert.


    in deutsch:

    Graham Greene verbrachte รผber zwei Jahrzehnte in Nizza (von den 1960er bis in die 1980er Jahre) und prรคgte mit seinen Bรผchern und seiner Persรถnlichkeit nicht nur das literarische Bild der Stadt, sondern auch die Wahrnehmung Nizzas in der internationalen ร–ffentlichkeit. Die Auswirkungen seiner Werke auf das Leben in Nizza lassen sich in mehreren Dimensionen beschreiben:

    1. Literarisches Portrรคt einer Stadt im Schatten
    Greene zeigte Nizza nicht als glamourรถsen Ferienort der Cรดte dโ€™Azur, sondern als Ort mit zwei Gesichtern: hinter der glรคnzenden Fassade der Promenade des Anglais verbargen sich Korruption, Kriminalitรคt, Exilanten, zwielichtige Geschรคfte und menschliche Abgrรผnde. Romane wie โ€žDoctor Fischer of Geneva or The Bomb Partyโ€œ oder seine Essays รผber die Stadt zeichneten ein Bild von Nizza, das weit weg war vom Postkartenidyll. Dieses โ€žandere Nizzaโ€œ wurde durch ihn international bekannt.

    2. Einfluss auf das Selbstbild der Stadt
    Greene war ein prominenter Bรผrger Nizzas und zugleich ein scharfer Kritiker. Er attackierte immer wieder รถffentlich die Korruption der lokalen Politiker, insbesondere die lange ร„ra des Bรผrgermeisters Jacques Mรฉdecin. Seine literarischen und journalistischen Texte verstรคrkten das Bewusstsein der Bevรถlkerung fรผr diese Missstรคnde. Fรผr manche Einwohner war er ein unbequemer Mahner, fรผr andere eine Art moralisches Gewissen.

    3. Wirkung auf die internationale Wahrnehmung
    Seine Bรผcher machten Nizza fรผr viele Leser weltweit nicht nur zu einem mondรคnen Urlaubsort, sondern zu einer Bรผhne des moralischen Zwielichts, einer โ€žGreene-Landschaftโ€œ aus Intrigen, Spionage, Zufallsbegegnungen und existenzieller Einsamkeit. Diese Ambivalenz beeinflusste die touristische und kulturelle AuรŸendarstellung der Stadt.

    4. Literarische Anziehungskraft und Nachwirkung
    Dass Greene in Nizza lebte und รผber die Stadt schrieb, zog andere Schriftsteller, Journalisten und Intellektuelle an. Noch heute werden in literarischen Stadtfรผhrungen Orte aufgesucht, die mit ihm verbunden sind โ€“ Cafรฉs, Hotels, StraรŸen. Damit hat er Nizza einen festen Platz in der โ€žMappe der Weltliteraturโ€œ verschafft.

    ๐Ÿ‘‰ Zusammengefasst:
    Die Bรผcher und Schriften von Graham Greene รผber Nizza hatten weniger direkte gesellschaftliche, aber starke kulturelle und symbolische Auswirkungen. Sie machten die Stadt international zum Sinnbild einer โ€žmoralischen Landschaftโ€œ voller Widersprรผche, halfen, politische Missstรคnde sichtbar zu machen, und trugen dazu bei, dass Nizza nicht nur mit Sonne und Strand, sondern auch mit Literatur, Kritik und Weltbetrachtung verbunden wird.


    Hier ein literarischer Stadtfรผhrer durch Graham Greenes Nizza, der dir Orte und Atmosphรคren nรคherbringt, die fรผr ihn prรคgend waren und die in seinem Leben und Werk eine Rolle spielten:


    Ein literarischer Spaziergang durch Graham Greenes Nizza

    1. Promenade des Anglais

    Die berรผhmte UferstraรŸe ist auf Postkarten voller Eleganz, fรผr Greene aber oft ein Ort der Schatten. Er sah hier nicht nur Sonne und Meer, sondern auch den Abstand zwischen Reichtum und Armut. Spaziergรคnge an der Promenade gehรถrten zu seinem Alltag โ€“ gleichzeitig aber war sie eine Kulisse fรผr Geschichten von Zufall, Begegnung und Melancholie.


    2. Hรดtel Negresco

    Das prachtvolle Belle-ร‰poque-Hotel am Meer diente Greene als Symbol fรผr den Luxus, den er misstrauisch beรคugte. In seinen Beschreibungen wird das Negresco zur Bรผhne, auf der die Reichen feiern, wรคhrend auรŸerhalb Korruption und Verfall herrschen. Fรผr heutige Besucher ist es ein Schlรผsselort, um Greeneโ€™s ambivalentes Verhรคltnis zum mondรคnen Nizza zu verstehen.


    3. Altstadt von Nizza (Vieux Nice)

    Die engen, dunklen Gassen mit Mรคrkten, kleinen Bars und einem Hauch von Verfall sprachen Greene mehr an als die glรคnzende Fassade der Strandhotels. Hier fand er den Stoff fรผr seine Beobachtungen: das alltรคgliche Leben, das Verborgene, die Rรคnder der Gesellschaft. Ein Spaziergang durch die Rue de la Prรฉfecture oder den Cours Saleya lรคsst noch heute etwas von dieser Atmosphรคre spรผren.


    4. Cafรฉ de Turin (Place Garibaldi)

    Greene liebte es, in Cafรฉs zu sitzen und Menschen zu beobachten. Das โ€žCafรฉ de Turinโ€œ, berรผhmt fรผr Austern und Meeresfrรผchte, gehรถrte zu seinen bevorzugten Plรคtzen. Hier verschwimmen die Grenzen zwischen Einheimischen, Reisenden und Exilanten โ€“ eine soziale Bรผhne, wie sie Greene fรผr seine Geschichten brauchte.


    5. Sein Wohnhaus in Cimiez

    Greene lebte lange im Viertel Cimiez, auf den Hรผgeln รผber der Stadt, wo einst auch Kรถnigin Victoria residierte. Dort hatte er Ruhe, zugleich aber auch Distanz zum Trubel der Kรผste. Von hier aus schrieb er, fรผhrte Korrespondenzen und empfing Besucher. Das Viertel selbst โ€“ mit seinen Palรคsten, Olivenhainen und alten Klรถstern โ€“ zeigt die Ambivalenz von Nizzas Geschichte zwischen Adel und Moderne.


    6. Place Massรฉna

    Der groรŸe Platz im Herzen der Stadt war fรผr Greene ein Ort der Beobachtung. Hinter den klassizistischen Fassaden verbarg sich fรผr ihn nicht nur Eleganz, sondern auch das Geschรคftemachen und die Nรคhe zur politischen Macht. Hier verdichtete sich sein Bild vom โ€žanderen Nizzaโ€œ โ€“ einem Ort, der nie nur schรถn, sondern immer auch zwielichtig war.


    7. Das politische Nizza โ€“ Rathaus und Gericht

    Greene engagierte sich รถffentlich gegen die Korruption unter Bรผrgermeister Jacques Mรฉdecin. Diese Haltung floss auch in sein literarisches Portrรคt der Stadt ein. Wer heute das Rathaus oder das Palais de Justice besucht, sieht Orte, die fรผr Greene nicht nur Verwaltungsgebรคude, sondern Symbole einer politisch unterwanderten Stadt waren.


    Nizza durch Greeneโ€™s Augen erleben

    Wer Nizza besucht, kann durch seine Orte spazieren und zugleich die unsichtbare Ebene seiner Literatur entdecken:

    • Die Promenade ist nicht nur Meer, sondern auch Bรผhne fรผr Einsamkeit.
    • Die Altstadt zeigt das wahre Leben hinter der glรคnzenden Fassade.
    • Cafรฉs und Plรคtze sind Orte, an denen Geschichten entstehen.

    Graham Greene hat Nizza damit eine zweite Identitรคt geschenkt: hinter dem touristischen Bild liegt eine literarische Stadt, in der man stets zwischen Licht und Schatten wandert.

  • Jazz on the Cรดte dโ€™Azur

    Jazz on the Cรดte dโ€™Azur โ€“ When Miles Davis, Duke Ellington, and Dizzy Gillespie conquered France.

    The Cรดte d’Azur, a place of sophisticated elegance in the 1950s and 1960s, was not only a meeting place for artists, writers, and movie stars, but also the stage for a musical conquest that came from across the Atlantic: jazz. Led by personalities such as Miles Davis, Duke Ellington, and Dizzy Gillespie, the French Riviera was transformed into a vibrant center of African-American music that set new standards โ€“ both musically and culturally.

    France’s fascination with jazz

    France had a special relationship with jazz from early on. Since the 1920s, when African American musicians such as Sidney Bechet performed in Paris, the country was considered a cosmopolitan refuge. In the post-war years, this fascination intensified: France not only offered artists from the US opportunities to perform, but also social recognition that was often denied them in their homeland due to racial segregation and discrimination.

    On the Cรดte d’Azur, where prosperity, tourism, and art came together in a glamorous mix, jazz became part of a new cultural identity.

    The Antibes-Juan-les-Pins Festival

    A key moment in this era was the founding of the Jazz ร  Juan festival in 1960 in the seaside resort of Juan-les-Pins. Surrounded by pine trees and just a stone’s throw from the sea, the festival featured performances by greats such as Miles Davis and Dizzy Gillespie. Davis’ performances on the Cรดte d’Azur, such as his legendary concert in 1963, are still considered milestones in European jazz history. His coolness and his playing, which oscillated between restraint and explosive power, found an audience in the south of France that enthusiastically embraced what had often still polarized opinion in the USA.

    Duke Ellington, on the other hand, brought the elegance of the big band sound to the Riviera. His concerts combined the splendor of swing with an experimental search for new forms of expression. Ellington knew how to present jazz as โ€œserious musicโ€ without losing its danceability โ€“ an attitude that was very well received in France.

    Jazz as cultural diplomacy

    Dizzy Gillespie, with his unmistakable trumpet and his role as the father of bebop, also left his mark on the scene. His blend of virtuosity and humor, technical skill and Latin American rhythms made him a favorite with audiences. During the Cold War, he contributed to US cultural diplomacy as a โ€œjazz ambassadorโ€ โ€“ but in France, he was more than a political emissary: he was a musician who crossed borders and conveyed a zest for life.

    The Cรดte d’Azur as a stage for freedom

    The performances of Davis, Ellington, and Gillespie on the Cรดte d’Azur were more than just concerts. They symbolized the cultural exchange between America and Europe, between black musical tradition and white audiences, between avant-garde and sophisticated lifestyle. Jazz on the Riviera meant sun, sea, and improvised musicโ€”a symbiosis of freedom and elegance.

    For many musicians, the Cรดte d’Azur was not only a stage, but also a place of relaxation and inspiration. Here they met European colleagues and had the opportunity to experiment outside the narrow categories of the US music market.

    Conclusion

    When Miles Davis, Duke Ellington, and Dizzy Gillespie conquered France, they turned the Cรดte dโ€™Azur into a sounding board for jazz that resonated far beyond the region. Their concerts combined artistic innovation with social significance and helped jazz find a new home in Europe.

    The Cรดte d’Azur thus became not only a setting for glamorous living, but also a symbol of the international language of jazzโ€”a music that embodies freedom, diversity, and passion.

    Jazz on the Cotรฉ d'Azur
    Jazz on the Cotรฉ d’Azur
  • Scott and Zelda Fitzgerald on the Cรดte d’Azur

    Scott and Zelda Fitzgerald on the Cรดte d’Azur โ€“ A life between glamour and ruin

    Francis Scott Fitzgerald and his wife Zelda were among the most dazzling figures of the 1920s. As the epitome of the Jazz Age, they lived a life of literary intoxication, excess, and social glamour โ€“ a life that reached its peak, but also its tragedy, in the south of France, on the Cรดte d’Azur.

    The dream of the south

    After the success of The Great Gatsby, the Fitzgeralds sought a new home away from the United States. In 1924, they were drawn to the French Riviera, which had become a magnet for artists, writers, and eccentrics in the years after World War I. A cosmopolitan community developed here, where Americans, British, and French people met. The Cรดte d’Azur stood for sun, luxury, and sophisticated freedomโ€”the ideal backdrop for a couple who embodied the myth of the โ€œgolden life.โ€

    Glamour and society

    In Cannes, Antibes, and Juan-les-Pins, the Fitzgeralds quickly became part of an illustrious circle. They socialized with Gertrude Stein, Picasso, Cole Porter, and above all Ernest Hemingway, with whom Scott had a difficult but formative friendship. The evenings were marked by lavish parties, alcohol, and scandals. Scott and Zelda became symbolic figures of an unrestrained generation that wanted to try everything after the horrors of war.

    Work and turmoil

    But behind the glittering faรงade, tensions were simmering. Fitzgerald worked feverishly on new texts, while Zelda increasingly took refuge in her own artistic ambitions โ€“ dance, painting, and later writing. Their marriage was strained by rivalry, jealousy, and Scott’s alcohol problems. Added to this was Zelda’s mental instability, which intensified during their years on the Riviera. Nevertheless, significant works emerged from this atmosphere: Fitzgerald gathered impressions that flowed into Tender is the Night, a novel that captures the Cรดte d’Azur lifestyle and the breakdown of a marriage like no other.

    Shattered illusions

    The dream of a โ€œsouthern paradiseโ€ proved illusory. Zelda suffered a severe nervous breakdown in France in 1930 and was admitted to a clinic. Scott struggled increasingly with his role as a writer who was celebrated but also increasingly tormented by self-doubt. The sparkling couple who once ruled the Riviera became tragic figures: trapped in their longing for beauty, but torn between art, intoxication, and inner emptiness.

    Aftermath

    Their time on the Cรดte d’Azur left an indelible mark on literature. In Fitzgerald’s descriptions, light and shadow, sun and abyss, celebration and decay merge. What began as a fairy tale of glamour and youth ended as a symbol of an era whose lightness was always accompanied by destruction.

    Thus, the memory of Scott and Zelda Fitzgerald on the Riviera remains a paradox: they lived there the dream of eternal summer โ€“ and at the same time its bitter awakening.


    in deutsch:

    Scott und Zelda Fitzgerald an der Cรดte dโ€™Azur โ€“ Ein Leben zwischen Glanz und Abgrund

    Francis Scott Fitzgerald und seine Frau Zelda gehรถren zu den schillerndsten Figuren der 1920er Jahre. Als Inbegriff des โ€žJazz Ageโ€œ lebten sie ein Leben im Rausch von Literatur, Exzess und gesellschaftlichem Glanz โ€“ ein Leben, das gerade in Sรผdfrankreich, an der Cรดte dโ€™Azur, seinen Hรถhepunkt, aber auch seine Tragik fand.

    Der Traum vom Sรผden

    Nach dem Erfolg von The Great Gatsby suchten die Fitzgeralds eine neue Heimat abseits der Vereinigten Staaten. 1924 zog es sie an die franzรถsische Riviera, die in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg zu einem Anziehungspunkt fรผr Kรผnstler, Schriftsteller und Exzentriker geworden war. Hier entstand eine kosmopolitische Gemeinschaft, in der sich Amerikaner, Briten und Franzosen trafen. Die Cรดte dโ€™Azur stand fรผr Sonne, Luxus und mondรคne Freiheit โ€“ ideale Kulisse fรผr ein Paar, das den Mythos des โ€žgoldenen Lebensโ€œ verkรถrperte.

    Glanz und Gesellschaft

    In Cannes, Antibes und Juan-les-Pins waren die Fitzgeralds schnell Teil eines illustren Kreises. Sie verkehrten mit Gertrude Stein, Picasso, Cole Porter und vor allem mit Ernest Hemingway, mit dem Scott eine schwierige, aber prรคgende Freundschaft verband. Die Abende waren geprรคgt von rauschenden Festen, Alkohol und Skandalen. Scott und Zelda wurden zu Symbolfiguren einer entfesselten Generation, die nach den Schrecken des Krieges alles ausprobieren wollte.

    Arbeit und Zerrissenheit

    Doch hinter der glรคnzenden Fassade brodelten Spannungen. Fitzgerald arbeitete fieberhaft an neuen Texten, wรคhrend Zelda zunehmend in ihre eigenen kรผnstlerischen Ambitionen flรผchtete โ€“ Tanz, Malerei, spรคter das Schreiben. Ihre Ehe wurde von Rivalitรคt, Eifersucht und Scotts Alkoholproblemen belastet. Hinzu kam Zeldas geistige Instabilitรคt, die sich wรคhrend der Jahre an der Riviera verstรคrkte. In dieser Atmosphรคre entstanden dennoch bedeutende Werke: Fitzgerald sammelte Eindrรผcke, die in Tender is the Night einflossen, einem Roman, der wie kein anderer das Lebensgefรผhl der Cรดte dโ€™Azur und den Zerfall einer Ehe einfรคngt.

    Zerbrechende Illusionen

    Der Traum vom โ€žsรผdlichen Paradiesโ€œ erwies sich als trรผgerisch. Zelda erlitt 1930 in Frankreich einen schweren Nervenzusammenbruch und wurde in eine Klinik eingewiesen. Scott kรคmpfte immer stรคrker mit seiner Rolle als Schriftsteller, der zwar gefeiert, aber zunehmend auch von Selbstzweifeln gequรคlt war. Aus dem funkelnden Paar, das einst die Riviera beherrschte, wurden tragische Figuren: Gefangen in ihrer Sehnsucht nach Schรถnheit, aber zerrieben zwischen Kunst, Rausch und innerer Leere.

    Nachklang

    Die Zeit an der Cรดte dโ€™Azur hinterlieรŸ in der Literatur ein unvergรคngliches Echo. In Fitzgeralds Schilderungen verschmelzen Licht und Schatten, Sonne und Abgrund, Feste und Zerfall. Was zunรคchst wie ein Mรคrchen aus Glanz und Jugend begann, endete als Symbol einer Epoche, deren Leichtigkeit immer schon von Zerstรถrung begleitet war.

    So bleibt die Erinnerung an Scott und Zelda Fitzgerald an der Riviera ein Paradox: Sie lebten dort den Traum vom ewigen Sommer โ€“ und zugleich dessen bitteres Erwachen.


    in french:

    Scott et Zelda Fitzgerald sur la Cรดte d’Azur โ€“ Une vie entre gloire et abรฎme

    Francis Scott Fitzgerald et sa femme Zelda comptent parmi les personnages les plus fascinants des annรฉes 1920. Incarnant ร  la perfection le ยซ Jazz Age ยป, ils menaient une vie marquรฉe par la littรฉrature, les excรจs et les fastes mondains โ€“ une vie qui a connu son apogรฉe, mais aussi sa tragรฉdie, dans le sud de la France, sur la Cรดte d’Azur.

    Le rรชve du Sud

    Aprรจs le succรจs de Gatsby le Magnifique, les Fitzgerald cherchรจrent une nouvelle patrie loin des ร‰tats-Unis. En 1924, ils s’installรจrent sur la Cรดte d’Azur, qui รฉtait devenue aprรจs la Premiรจre Guerre mondiale un pรดle d’attraction pour les artistes, les รฉcrivains et les excentriques. Une communautรฉ cosmopolite s’y รฉtait formรฉe, oรน se cรดtoyaient Amรฉricains, Britanniques et Franรงais. La Cรดte d’Azur รฉtait synonyme de soleil, de luxe et de libertรฉ mondaine โ€“ un cadre idรฉal pour un couple qui incarnait le mythe de la ยซ vie dorรฉe ยป.

    Glamour et mondanitรฉs

    ร€ Cannes, Antibes et Juan-les-Pins, les Fitzgerald s’intรจgrent rapidement dans un cercle illustre. Ils frรฉquentent Gertrude Stein, Picasso, Cole Porter et surtout Ernest Hemingway, avec lequel Scott entretient une amitiรฉ difficile mais marquante. Les soirรฉes รฉtaient marquรฉes par des fรชtes somptueuses, l’alcool et les scandales. Scott et Zelda devinrent les figures emblรฉmatiques d’une gรฉnรฉration dรฉbridรฉe qui, aprรจs les horreurs de la guerre, voulait tout essayer.

    Travail et dรฉchirement

    Mais derriรจre cette faรงade brillante, les tensions bouillonnaient. Fitzgerald travaillait fรฉbrilement ร  de nouveaux textes, tandis que Zelda se rรฉfugiait de plus en plus dans ses propres ambitions artistiques : la danse, la peinture, puis plus tard l’รฉcriture. Leur mariage รฉtait minรฉ par la rivalitรฉ, la jalousie et les problรจmes d’alcoolisme de Scott. ร€ cela s’ajoutait l’instabilitรฉ mentale de Zelda, qui s’est aggravรฉe au fil des annรฉes passรฉes sur la Cรดte d’Azur. Dans cette atmosphรจre, des ล“uvres importantes ont nรฉanmoins vu le jour : Fitzgerald a recueilli des impressions qui ont nourri Tender is the Night, un roman qui, comme aucun autre, capture l’esprit de la Cรดte d’Azur et la dรฉsintรฉgration d’un mariage.

    Illusions brisรฉes

    Le rรชve d’un ยซ paradis mรฉridional ยป s’est avรฉrรฉ illusoire. En 1930, Zelda a fait une grave dรฉpression nerveuse en France et a รฉtรฉ admise dans une clinique. Scott avait de plus en plus de mal ร  assumer son rรดle d’รฉcrivain, certes cรฉlรจbre, mais de plus en plus tourmentรฉ par le doute. Le couple รฉtincelant qui rรฉgnait autrefois sur la Cรดte d’Azur est devenu tragique : prisonnier de son dรฉsir de beautรฉ, mais dรฉchirรฉ entre l’art, l’ivresse et le vide intรฉrieur.

    Rรฉpercussions

    Le temps passรฉ sur la Cรดte d’Azur a laissรฉ une empreinte indรฉlรฉbile dans la littรฉrature. Dans les descriptions de Fitzgerald, lumiรจre et ombre, soleil et abรฎme, fรชte et dรฉcadence se confondent. Ce qui avait commencรฉ comme un conte de fรฉes fait de splendeur et de jeunesse s’est terminรฉ comme le symbole d’une รฉpoque dont la lรฉgรจretรฉ a toujours รฉtรฉ accompagnรฉe de destruction.

    Le souvenir de Scott et Zelda Fitzgerald sur la Riviera reste donc paradoxal : ils y ont vรฉcu le rรชve d’un รฉtรฉ รฉternel, mais aussi son rรฉveil amer.

  • Thomas Mann on Wagner, Nietzsche and Freud

    Thomas Mann on Wagner, Nietzsche, and Freud โ€“ Germanness as reflected in modernity

    When Thomas Mann speaks, people listen โ€“ not only because of the elegance of his language, but also because of his sharp insight into German culture. In his lecture on Richard Wagner on February 10, 1933, he ventured an interpretation that removed the composer from the sphere of nationalistic veneration and placed him in the vicinity of another authority that was just beginning to take effect: Sigmund Freud’s new ideas.

    Thomas Mann portrays Richard Wagner as an artist of a broken modernity, as a figure who does not rest in sublimity but is marked by inner conflicts. The excess, the pathos, the ecstatic exaggeration of his music appear to Mann as symptoms of a psychological struggle โ€“ an expression of the unconscious that Freud had made visible for the first time.

    In this interpretation, Wagner’s โ€œGermannessโ€ is not understood as a proud, flawless force, but as a spiritual fabric of greatness and illness, of creative vision and corrosive self-analysis. For Mann, Wagner is not a national saint, but the first great representative of a modern, self-questioning Germany.

    But Thomas Mann did not stop at psychoanalytic interpretation. He drew further parallels โ€“ to Friedrich Nietzsche, the philosopher who was initially ardently devoted to the โ€œMaster of Bayreuthโ€ before turning away from him in a radical break. For Mann, this relationship was particularly revealing: Nietzsche recognized in Wagner’s intoxication, demonism, and excess the danger of exaggeration that could tip over into pathology.

    In Nice, where Mann lived for a time, he sensed the same tension between illness and creation that Nietzsche had experienced so vividly in the south. Nice, with its light and its vastness, became a contrasting image for both of themโ€”a place of recovery and clarity, but also of painful self-observation. For Mann, Wagner embodied the abysmal German, while Nietzsche represented the critical, clarifying authority that rejected this legacy and at the same time transformed it creatively.

    But Thomas Mann himself was always reflected in this constellation. Like Wagner, he saw himself as an artist who drew inspiration from inner turmoil. The โ€œbourgeois solidityโ€ he embodied outwardly only partially concealed the abysses and ambivalences that nourished his work. From Nietzsche, he adopted the role of the self-analyst who recognizes weakness, critically penetrates it, and thereby overcomes it.

    In Nice, in the light of the Cรดte d’Azur, this self-interpretation became particularly clear to Mann. The south made him realize that Germanness was not only fate, but also a task: to reflect on it critically, to name its dangers, and to transform it from within. Wagner, Nietzsche, and Freud were not mere points of reference for him, but reflections of his own existence.

    This lecture on Wagner thus goes far beyond music. It proves to be a key text on Thomas Mann’s journey from defender of the โ€œGerman essenceโ€ in Reflections of an Unpolitical Man to sharp critic who opposed National Socialism in exile. What began in Nice in reflections on Wagner and Nietzsche found its conclusion in a clear rejection of self-destructive Germanness.

    Thomas Mann’s interpretation of Wagner is a document of intellectual self-discovery: the linking of music, philosophy, and psychoanalysis into a triad of modernityโ€”and at the same time the confession of a poet who recognized his own destiny in the mirror of Wagner and Nietzsche.

    Thomas Mann und Friedrich Nietzsche, Siegmund Freud und Richard Wagner
  • Renรฉ Schickele โ€“ Zwischen Schwarzwald und Cรดte dโ€™Azur

    Renรฉ Schickele โ€“ Zwischen Schwarzwald und Cรดte dโ€™Azur
    Ein Literat im Exil und seine Begegnungen mit der europรคischen Bohรจme

    Renรฉ Schickele, deutsch-franzรถsischer Schriftsteller, Publizist und รผberzeugter Europรคer, verbrachte die letzten Jahre seines Lebens zwischen drei sehr unterschiedlichen, aber fรผr ihn prรคgenden Orten: dem Kurort Badenweiler im Schwarzwald, dem pittoresken Sanary-sur-Mer in Sรผdfrankreich und der Hafenstadt Nizza.

    Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 musste Schickele Deutschland verlassen. Badenweiler, wo er in den 1920er-Jahren zeitweise gelebt hatte und im Austausch mit anderen Intellektuellen stand, wurde fรผr ihn zu einem Ort der Erinnerung โ€“ ein Rรผckzugsort, an den er spรคter nur noch gedanklich zurรผckkehren konnte.

    Das eigentliche Zentrum seines Exils wurde jedoch Sanary-sur-Mer, ein kleines Fischerdorf in der Provence, das in den 1930er-Jahren zu einem Sammelpunkt deutschsprachiger Exilanten und europรคischer Kรผnstler wurde. Hier traf Schickele auf eine illustre Gesellschaft: Schriftsteller wie Thomas Mann, Lion Feuchtwanger und Franz Werfel suchten ebenso Schutz vor dem politischen Klima wie Kรผnstlerinnen und Kรผnstler der bildenden Kunst. Auch Erwin Piscator, der Theaterreformer, und Alma Mahler-Werfel gehรถrten zum Kreis. In den Cafรฉs und an den Uferpromenaden Sanarys wurden politische Fragen ebenso intensiv diskutiert wie literarische Projekte โ€“ ein geistiger Freiraum, den die Exilierten dringend brauchten.

    Fรผr Schickele war Sanary nicht nur ein Ort der Zuflucht, sondern auch ein Treffpunkt fรผr den europรคischen Dialog. In Gesprรคchen mit Feuchtwanger oder den Manns vertiefte er seine Vorstellung eines รผbernationalen, humanistischen Europas โ€“ ein Leitgedanke, der sich wie ein roter Faden durch sein Werk zog.

    Spรคter zog es ihn weiter nach Nizza, wo er die milden Winter an der Cรดte dโ€™Azur verbrachte. Hier verschlechterte sich jedoch sein Gesundheitszustand, und die politische Lage in Europa lieรŸ ihm keine Ruhe. Trotz der bedrรผckenden Umstรคnde arbeitete er weiter an Essays und Artikeln, in denen er vor den Gefahren des Nationalismus warnte.

    Renรฉ Schickele starb 1940 in Vence bei Nizza. Sein Lebensweg zwischen Badenweiler, Sanary-sur-Mer und Nizza spiegelt nicht nur das Schicksal vieler europรคischer Intellektueller im Exil wider, sondern steht auch fรผr den Versuch, in Zeiten der Zerstรถrung eine geistige Heimat zu bewahren.