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Category: Artists
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The Life of Pierre Bonnard
in german below:
Pierre Bonnard (1867โ1947) ranks among the outstanding French painters of the late 19th and early 20th centuries. His work is characterized by a subtle interplay of light, color, and intimacy, which distinguishes him from the Impressionists and at the same time secures him a special position in the transition to modernism.
Born on October 3, 1867, in Fontenay-aux-Roses near Paris, Bonnard came from a middle-class family. He originally studied law, but was drawn to art from an early age. Together with artist friends such as Maurice Denis, Paul Sรฉrusier, and รdouard Vuillard, he joined the artist group โLes Nabis,โ which developed new forms of expression beyond the Impressionists after 1888. There he was given the nickname le Nabi trรจs japonard, as he was strongly inspired by Japanese woodblock printing, which was in vogue in Europe around 1900.
Bonnard was less interested in monumental historical themes than in everyday life: street scenes, garden scenes, interiors, and intimate moments. His partner and later wife, Marthe de Mรฉligny, in particular, became his lifelong muse. She appears in numerous paintings, often in bathing or toilet scenes, reflecting Bonnard’s interest in intimacy, domesticity, and the depiction of light on skin and water.His painting technique differed from that of many of his contemporaries: Bonnard rarely worked directly in front of his subject. Instead, he sketched scenes, noted down colors, and later created the paintings in his studio from memory. This gave his pictures a dreamlike quality and an almost poetic blurriness, in which colors took precedence over form.
At the beginning of the 20th century, Bonnard increasingly withdrew from Parisian art life. After stays in Giverny and Vernon, he finally settled on the Cรดte d’Azur, in Le Cannet near Cannes. There he found inexhaustible motifs in his house and garden. His late works are filled with bright colors, Mediterranean light, and a deep tranquility that expresses his connection to nature.
Although Bonnard was appreciated during his lifetime, he stood in the shadow of artists such as Matisse and Picasso, who radically renewed modern painting. But today, Bonnard’s work is once again highly regarded: his ability to transform the intimate into the universal and his painterly sensibility are considered unique.
Pierre Bonnard died on January 23, 1947, in Le Cannet. His work left its mark on modern paintingโnot through loud provocations, but through quiet, lasting intensity.
in german:
Das Leben von Pierre Bonnard
Pierre Bonnard (1867โ1947) zรคhlt zu den herausragenden franzรถsischen Malern des spรคten 19. und frรผhen 20. Jahrhunderts. Sein Werk ist geprรคgt von einem subtilen Spiel aus Licht, Farbe und Intimitรคt, das ihn von den Impressionisten unterscheidet und ihm zugleich eine Sonderstellung im รbergang zur Moderne sichert.
Geboren am 3. Oktober 1867 in Fontenay-aux-Roses bei Paris, stammte Bonnard aus einer bรผrgerlichen Familie. Ursprรผnglich studierte er Rechtswissenschaft, doch schon frรผh zog es ihn zur Kunst. Gemeinsam mit Kรผnstlerfreunden wie Maurice Denis, Paul Sรฉrusier und รdouard Vuillard schloss er sich der Kรผnstlergruppe โLes Nabisโ an, die nach 1888 neue Ausdrucksformen jenseits der Impressionisten entwickelte. Dort erhielt er den Beinamen le Nabi trรจs japonard, da er sich stark von der japanischen Farbholzschnittkunst inspirieren lieร, die in Europa um 1900 in Mode war.
Bonnard interessierte sich weniger fรผr monumentale historische Themen als fรผr das Alltรคgliche: Straรenszenen, Gartenbilder, Interieurs und intime Momente. Besonders seine Partnerin und spรคtere Ehefrau Marthe de Mรฉligny wurde zu seiner lebenslangen Muse. Sie erscheint in zahlreichen Gemรคlden, oft in Bad- oder Toilettenszenen, was Bonnards Interesse an Intimitรคt, Hรคuslichkeit und zugleich an der Darstellung von Licht auf Haut und Wasser spiegelt.
Sein malerisches Verfahren unterschied sich von vielen seiner Zeitgenossen: Bonnard arbeitete selten direkt vor dem Motiv. Stattdessen skizzierte er Szenen, notierte Farben und schuf die Gemรคlde spรคter im Atelier aus dem Gedรคchtnis. Das verlieh seinen Bildern eine Traumhaftigkeit und eine beinahe poetische Unschรคrfe, in der Farben gegenรผber der Form Vorrang erhielten.
Mit Beginn des 20. Jahrhunderts zog Bonnard sich zunehmend aus dem Pariser Kunstleben zurรผck. Nach Aufenthalten in Giverny und Vernon lieร er sich schlieรlich an der Cรดte dโAzur nieder, in Le Cannet bei Cannes. Dort fand er in seinem Haus und Garten unerschรถpfliche Motive. Seine spรคten Werke sind erfรผllt von leuchtenden Farben, mediterranem Licht und einer tiefen Ruhe, die seine Verbindung zur Natur ausdrรผckt.
Obwohl Bonnard zu Lebzeiten geschรคtzt wurde, stand er im Schatten von Kรผnstlern wie Matisse und Picasso, die die moderne Malerei radikaler erneuerten. Doch gerade heute wird Bonnards Werk wieder hoch geschรคtzt: Seine Fรคhigkeit, das Intime ins Universelle zu รผberfรผhren, und seine malerische Sensibilitรคt gelten als einzigartig.
Pierre Bonnard starb am 23. Januar 1947 in Le Cannet. Sein Werk hinterlieร Spuren in der modernen Malerei โ nicht durch laute Provokationen, sondern durch leise, nachhaltige Intensitรคt.
Quellen fรผr Bilder von Pierre Bonnard
- Musรฉe dโOrsay, Paris: umfangreiche Sammlung von Bonnards Arbeiten.
๐ Musรฉe d’Orsay โ Pierre Bonnard - Centre Pompidou, Paris: bedeutende Werke der Nabis und der Moderne.
๐ Centre Pompidou - The Metropolitan Museum of Art, New York (The Met Collection Online)
๐ Pierre Bonnard โ Met Collection - Tate, London: besitzt mehrere Gemรคlde und Druckgrafiken.
๐ Pierre Bonnard โ Tate - Art Institute of Chicago
๐ Pierre Bonnard โ Art Institute of Chicago
- Musรฉe dโOrsay, Paris: umfangreiche Sammlung von Bonnards Arbeiten.
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Leseabende in Sanary โ die Exil-Salonkunst
Thomas Mann und die Exil-Salonkunst
in english below:
Thomas Mann und die kleine Exil-Salonkunst
Im Sommer 1933, kurz nach der Flucht vieler deutscher Intellektueller vor dem NS-Regime, verรคnderte sich das Leben in dem einst verschlafenen Fischerdorf Sanary-sur-Mer an der Cรดte dโAzur. Unter den neu Angekommenen waren Thomas Mann und seine Familie; bald bildete sich um die Villen der Emigranten ein enges, kultiviertes Netzwerk aus Schriftstellern, Kritikern und Kรผnstlern. In diesem Milieu etablierten sich die berรผchtigten Lese- und Gesprรคchsabende โ zwanglose, zugleich hochintellektuelle Zusammenkรผnfte, die Thomas Mann, sein Bruder Heinrich, Renรฉ Schickele, Lion Feuchtwanger, Julius Meier-Graefe und andere regelmรครig besuchten oder selbst als Vortragende gestalteten. Diese Abende waren weder akademische Tagungen noch rein private Plauderstunden: sie verbanden Vorlesung, gegenseitige Kritik und politischen Austausch in einer Zeit, in der beides โ Kunst und รffentlichkeit โ unter Druck geraten war. Office de Tourisme Sanary sur Mer+1
Rรคumliche und soziale Bรผhne
Die Lesungen fanden hรคufig in den Gรคrten und Salons der groรen Villen statt โ etwa in der von Thomas Mann bewohnten โVilla La Tranquilleโ oder im Haus der Feuchtwangers und bei Renรฉ Schickele. Hier herrschte eine intime, fast familiรคre Atmosphรคre: ein Kreis ausgewรคhlter Gรคste, Tee oder Abendessen, ein Tisch oder ein Sessel als โPultโ fรผr den Vortragenden. Die physische Nรคhe der Hรคuser in Sanary sowie die starke Vernetzung der Emigranten machten die Stadt zu einem Ort, an dem private Salonpraxis und politisches Exil sich รผberlagerten. literaturportal-bayern.de+1Inhalte und Gesprรคchsgegenstรคnde
Die Themen der Abende waren vielfรคltig, aber zwei Linien ziehen sich wie ein roter Faden durch die Berichte und Erinnerungen: erstens die literarische Arbeit (Vorlesen aus Romanen, Erzรคhlungen oder Essays, Diskussion von Werken in Arbeit), zweitens die Politik des Exils (die Lage in Deutschland, die Frage nach Widerstand, Verantwortung und kultureller Identitรคt). Thomas Mann selbst las gelegentlich aus eigenen Texten oder Entwรผrfenโ der Akt des Vorlesens war fรผr ihn ein Ritual, das Normalitรคt stiftete und gleichzeitig das Publikum unmittelbar an der Entstehung literarischer Form teilhaben lieร. Andere Vortragende โ etwa Renรฉ Schickele oder Lion Feuchtwanger โ brachten Texte, feuilletonistische Reflexionen oder polemische Stellungnahmen zur gegenwรคrtigen politischen Lage ein. Kritik und Retrofit (formale Hinweise, stilistische Debatten) mischten sich mit ernsten Debatten รผber Exilpolitik, Publikationsmรถglichkeiten und die moralische Verpflichtung der Schriftsteller gegenรผber den Vertriebenen und den zurรผckgebliebenen Lesern. De Gruyter Brill+1Welche Rollen spielten die genannten Personen konkret?
Renรฉ Schickele galt als Brรผckenfigur zwischen der deutsch-franzรถsischen Kulturwelt und las sowohl literarische Texte als auch kulturkritische Essays. Julius Meier-Graefe, Kunstkritiker und weithin respektierter Intellektueller, trug kunsttheoretische Betrachtungen vor und kommentierte die kulturelle Lage Europas. Lion Feuchtwanger, ein aktiver politischer Intellektueller, nutzte die Runden oft, um รผber Publikationsstrategien, Leihnetzwerke und die Notwendigkeit kollektiven Handelns zu sprechen. Heinrich Mann, stets politisch engagiert, brachte historische und รถffentliche Perspektiven ein โ die Brรผder Thomas und Heinrich ergรคnzten einander hier oft: der eine literarisch, der andere programmatisch-politisch. Diese differenzierten Beitrรคge lieรen die Abende zu einem Ort werden, an dem sowohl Formfragen (รsthetik, Stil) als auch Existenzfragen (Flucht, Publikation, Exilerfahrung) verhandelt wurden. literaturportal-bayern.de+1Gibt es Aufzeichnungen der Gesprรคche?
Zu den Lesungen selbst existieren keine bekannten systematischen Ton- oder Filmaufzeichnungen der privaten Salonabende in Sanary; es handelt sich zumeist um mรผndliche, geschlossene Runden, deren Protokolle allenfalls bruchstรผckhaft in Briefen, Tagebuchnotizen oder spรคteren Erinnerungen auftauchen. Die wichtigste Quelle fรผr die Rekonstruktion dieser Abende sind deshalb persรถnliche Briefe, Tagebรผcher, Memoiren und Korrespondenzen der Beteiligten sowie Nachlรคsse in Archiven (z. B. das Thomas-Mann-Archiv in Zรผrich, Feuchtwanger-Sammlungen, verschiedene Universitรคtsarchive), die Manuskripte, Skizzen und gelegentlich schriftliche Notizen zu Vortrรคgen enthalten. Wer die Diskussionen โnachhรถrtโ, tut dies durch sorgfรคltiges Studium dieser Dokumente โ die Lesarten bleiben dabei notwendigerweise selektiv und rekonstruierend. Thomas-Mann-Archiv+1Tonaufnahmen Thomas Manns existieren zwar (etwa frรผhe Aufnahmen und spรคter die BBC-Ansprachen โDeutsche Hรถrer!โ), doch diese dokumentieren รถffentliche Reden und Rundfunksendungen โ nicht die privaten Leseabende in Sanary. Fรผr die Abende selbst muss man sich auf schriftliche Quellen stรผtzen. Wikipedia+1
Quellenlage und Forschungsmรถglichkeiten
Wer heute mehr รผber die Leseabende wissen will, findet wertvolle Hinweise in lokalen Sammlungen (Gemeindearchiv Sanary, touristische Dokumentationen zur โStadt des Exilsโ), in den groรen Nachlass-Archiven (Thomas-Mann-Archiv ETH Zรผrich, Feuchtwanger-Papers, Nachlรคsse bei Universitรคten) und in wissenschaftlichen Arbeiten zur Exilliteratur und zur deutsch-franzรถsischen Emigrationsgemeinschaft der 1930er Jahre. Sekundรคrliteratur, Konferenzbeitrรคge und Monographien rekonstruieren die soziale Praxis dieser Salons und ordnen die Gesprรคche in die grรถรere Geschichte des Exils ein. Office de Tourisme Sanary sur Mer+2nomadit.co.uk+2Normalitรคt als Widerstandsform
Die Leseabende in Sanary erscheinen, bei aller Intellektualitรคt, auch als ein Akt des Alltags: das wiederholte Vorlesen, die Diskussion รผber Form, die Pflege รคsthetischer Rituale โ all das war mehr als Kulturpflege; es war ein Widerstand gegen die Zerstรถrung einer kulturellen Ordnung. In den kleinen Salons von Sanary verwoben sich Literatur und politisches Bewusstsein, und die Abende selbst wurden zu Zeugnissen jener fragile Normalitรคt, die Exilanten suchten und zugleich verteidigten. Office de Tourisme Sanary sur Mer+1
Wichtige Archiv- und Nachlassquellen
Archiv / Sammlung Relevante Bestรคnde / Materialien Hinweise zur Einsicht Thomas-Mann-Archiv, ETH Zรผrich Umfasst Manuskripte, Typoskripte, Korrespondenzen (ca. 16 000 Briefe, plus Briefe von und an Katia, Tรถchter etc.) thomas-mann-gesellschaft.de+2Thomas-Mann-Archiv+2 Die Metadaten und Beschreibungen vieler Briefe sind online verfรผgbar; digitale Handschriften werden zunehmend zugรคnglich gemacht (teilweise nur im Lesesaal) Thomas-Mann-Archiv+1 Feuchtwanger-Nachlass / Feuchtwanger Memorial Library Briefe, Tagebuchaufzeichnungen, Gรคstelisten, mรถgliche Notizen zu Salonrunden Die Feuchtwanger Archives sind Teil des Netzwerks literarischer Forschungseinrichtungen (z. B. in den USA) thomasmanninternational.com+1 Deutsches Literaturarchiv Marbach Allgemeine Quellen zur Exilliteratur, Korrespondenzen von Emigranten, Sammlungen zu Meier-Graefe etc. Als groรes Literaturarchiv fรผhrt Marbach vielfรคltige Brief- und Manuskriptbestรคnde, auch zu Exilautoren thomasmanninternational.com+1 Heinrich-Mann-Archiv / Akademie der Kรผnste, Berlin Briefe, Manuskripte, Materialien von Heinrich Mann Teil des Thomas-Mann-International / Netzwerks der Mann-Archive thomasmanninternational.com+1 Thomas Mann Collection, Yale University Manuskripte, Briefe und Dokumente (in Ergรคnzung zu den Bestรคnden in Zรผrich) archives.yale.edu Fรผr Forschende mit Zugang zu US-Archiven relevant
Exemplarische Fundstรผcke & Exzerpte
Nachfolgend einige konkrete Nachweise, die (teilweise) Ausblicke auf die Sanary-Leseabende und ihr Umfeld ermรถglichen:
- Rene Schickele, Tagebuch 8. Mai 1933
Schickele notiert eine Begegnung mit Thomas Mann: โEr sieht schlecht aus โฆ sehr bedrรผckt โฆ Fรผr Heinrich Mann bedeutet die Verbannung โฆ keine groรe Verรคnderung โฆ Thomas โฆ ist โฆ aus allen Himmeln gefallen.โ
Damit gibt Schickele einen Stimmungsbeitrag zur frรผhen Exilphase ab. literaturportal-bayern.de - Thomas Mann โ Brief an Hermann Hesse, 31. Juli 1933
In diesem Brief รคuรert Thomas Mann seine inneren Konflikte mit der Exilsituation: โIch habe meinen Kampf durchgekรคmpft. Es kommen freilich immer noch Augenblicke, in denen ich mich frage: warum eigentlich? โฆ Es ginge nicht, ich wรผrde verkommen โฆโ
Der Brief belegt, wie literarisches Schaffen in Sanary mit existenzieller Unsicherheit gekoppelt war. literaturportal-bayern.de - Monika Mann, Erinnerungen
Monika Mann schildert, wie ihr Vater in der Villa La Tranquille Leseabende fortsetzte, die bereits in Bandol begonnen worden waren, und dass neben ihm auch Schickele, Feuchtwanger und Heinrich Mann Texte vortrugen. literaturportal-bayern.de+2literaturportal-bayern.de+2 - Sanary: โVilla Valmerโ โ Feuchtwangerโs Salon
Nachdem Thomas Mann Sanary verlassen hatte, wurde die Villa Valmer zum Treffpunkt literarischer Kreise, mit Lesungen und Gedankenaustausch. Marta Feuchtwanger organisierte Teegesellschaften, zu denen bis zu sechzig Gรคste eingeladen wurden. Office de Tourisme Sanary sur Mer+1 - Sekundรคrliteratur / Exilstudien
In der Studie Sanary โ Deutsche Literatur im Exil ist ein Brief von Schickele an Thomas Mann vom 17. April 1933 erwรคhnt, der im Kontext der Exilvermittlung steht. SpringerLink
In Exile in Paradise: A Literary History of Sanary-sur-Mer werden die intellektuellen Netzwerke, die institutionelle Infrastruktur der Exilkolonie und die literarische Praxis in Sanary aus kulturhistorischer Sicht analysiert. nomadit.co.uk+2nomadit.co.uk+2 - Literaturportal Bayern
Dort heiรt es: โIn der Villa La Tranquille setzt Thomas Mann seine bereits in Bandol begonnen Leseabende fort. โฆ Hier tragen Autoren wie Rene Schickele, Lion Feuchtwanger, sein Bruder Heinrich aber auch er selbst Texte vor.โ literaturportal-bayern.de
Renรฉ Schickele
in english:
Reading evenings in Sanary โ the art of the salon in exile
Thomas Mann and the small art of exile salons
In the summer of 1933, shortly after many German intellectuals fled the Nazi regime, life changed in the once sleepy fishing village of Sanary-sur-Mer on the Cรดte d’Azur. Among the new arrivals were Thomas Mann and his family; soon a close-knit, cultured network of writers, critics, and artists formed around the villas of the emigrants. This milieu gave rise to the infamous reading and discussion eveningsโcasual yet highly intellectual gatherings that Thomas Mann, his brother Heinrich, Renรฉ Schickele, Lion Feuchtwanger, Julius Meier-Graefe, and others regularly attended or even organized themselves as speakers. These evenings were neither academic conferences nor purely private chats: they combined lectures, mutual criticism, and political exchange at a time when both art and public life were under pressure. Office de Tourisme Sanary sur Mer+1
Spatial and social stage
The readings often took place in the gardens and salons of large villasโsuch as Thomas Mann’s โVilla La Tranquille,โ the Feuchtwangers’ house, and Renรฉ Schickele’s home. These venues fostered an intimate, almost familial atmosphere: a circle of select guests, tea or dinner, a table or armchair serving as a โlecternโ for the speaker. The physical proximity of the houses in Sanary and the strong network of emigrants made the town a place where private salon practice and political exile overlapped. literaturportal-bayern.de+1Contents and topics of conversation
The topics of the evenings were varied, but two themes run like a thread through the reports and memories: first, literary work (readings from novels, stories, or essays, discussion of works in progress); second, the politics of exile (the situation in Germany, the question of resistance, responsibility, and cultural identity). Thomas Mann himself occasionally read from his own texts or draftsโfor him, the act of reading aloud was a ritual that created normality and at the same time allowed the audience to participate directly in the creation of literary form. Other speakersโsuch as Renรฉ Schickele and Lion Feuchtwangerโcontributed texts, feuilletonistic reflections, or polemical statements on the current political situation. Criticism and retrofitting (formal references, stylistic debates) mingled with serious debates about exile politics, publication opportunities, and the moral obligation of writers toward displaced persons and readers who had been left behind. De Gruyter Brill+1What specific roles did the individuals mentioned play?
Renรฉ Schickele was regarded as a bridge between German and French cultural circles and read both literary texts and cultural criticism essays. Julius Meier-Graefe, art critic and widely respected intellectual, presented art theory observations and commented on the cultural situation in Europe. Lion Feuchtwanger, an active political intellectual, often used the gatherings to discuss publication strategies, lending networks, and the need for collective action. Heinrich Mann, always politically engaged, contributed historical and public perspectivesโthe brothers Thomas and Heinrich often complemented each other here: one literarily, the other programmatically and politically. These nuanced contributions made the evenings a place where both formal questions (aesthetics, style) and existential questions (flight, publication, exile experience) were negotiated. literaturportal-bayern.de+1Are there any recordings of the conversations?
There are no known systematic audio or film recordings of the private salon evenings in Sanary; these were mostly closed, oral gatherings, with only fragmentary accounts appearing in letters, diary entries, or later memoirs. The most important sources for reconstructing these evenings are therefore personal letters, diaries, memoirs, and correspondence of those involved, as well as estates in archives (e.g., the Thomas Mann Archive in Zurich, Feuchtwanger collections, various university archives), which contain manuscripts, sketches, and occasionally written notes on lectures. Anyone who โlistens inโ on the discussions does so by carefully studying these documentsโthe interpretations necessarily remain selective and reconstructive. Thomas Mann Archive+1Although audio recordings of Thomas Mann exist (such as early recordings and later the BBC addresses โDeutsche Hรถrer!โ), these document public speeches and radio broadcastsโnot the private reading evenings in Sanary. For the evenings themselves, one must rely on written sources. Wikipedia+1
Sources and research opportunities
Anyone who wants to know more about the reading evenings today will find valuable information in local collections (Sanary municipal archives, tourist documentation on the โcity of exileโ), in the major estate archives (Thomas Mann Archive at ETH Zurich, Feuchtwanger Papers, bequests at universities) and in academic works on exile literature and the German-French emigrant community of the 1930s. Secondary literature, conference papers, and monographs reconstruct the social practice of these salons and place the conversations in the larger history of exile. Office de Tourisme Sanary sur Mer+2nomadit.co.uk+2Normality as a form of resistance
Despite their intellectual nature, the reading evenings in Sanary also appear to be an act of everyday life: the repeated reading aloud, the discussion of form, the cultivation of aesthetic rituals โ all this was more than just cultural preservation; it was resistance against the destruction of a cultural order. In the small salons of Sanary, literature and political awareness intertwined, and the evenings themselves became testimonies to the fragile normality that exiles sought and defended at the same time. Office de Tourisme Sanary sur Mer+1
Exemplary findings & excerpts
Below are some specific examples that provide (partial) insights into the Sanary reading evenings and their context:
- Renรฉ Schickele, Diary, May 8, 1933
Schickele notes an encounter with Thomas Mann: โHe looks terrible โฆ very depressed โฆ For Heinrich Mann, exile means โฆ no great change โฆ Thomas โฆ has โฆ fallen from heaven.โ Schickele thus contributes to the mood of the early exile phase. literaturportal-bayern.de - Thomas Mann โ Letter to Hermann Hesse, July 31, 1933
In this letter, Thomas Mann expresses his inner conflicts with his situation in exile: โI have fought my battle. Of course, there are still moments when I ask myself: why, actually? โฆ It wouldn’t work, I would degenerate โฆโThe letter shows how literary creativity in Sanary was linked to existential uncertainty. literaturportal-bayern.de - Monika Mann, Memories
Monika Mann describes how her father continued the reading evenings at Villa La Tranquille that had already begun in Bandol, and that Schickele, Feuchtwanger, and Heinrich Mann also recited texts alongside him. literaturportal-bayern.de+2literaturportal-bayern.de+2 - Sanary: โVilla Valmerโ โ Feuchtwangerโs Salon
After Thomas Mann left Sanary, Villa Valmer became a meeting place for literary circles, with readings and exchanges of ideas. Marta Feuchtwanger organized tea parties to which up to sixty guests were invited. Office de Tourisme Sanary sur Mer+1 - Secondary literature / Exile studies
The study Sanary โ Deutsche Literatur im Exil (Sanary โ German Literature in Exile) mentions a letter from Schickele to Thomas Mann dated April 17, 1933, which relates to the mediation of exile. SpringerLinkExile in Paradise: A Literary History of Sanary-sur-Mer analyzes the intellectual networks, institutional infrastructure of the exile colony, and literary practice in Sanary from a cultural-historical perspective. nomadit.co.uk+2nomadit.co.uk+2 - Literature Portal Bavaria
It states: โAt Villa La Tranquille, Thomas Mann continues the reading evenings he began in Bandol. โฆ Here, authors such as Rene Schickele, Lion Feuchtwanger, his brother Heinrich, and Mann himself recite texts.โ literaturportal-bayern.de
- Rene Schickele, Tagebuch 8. Mai 1933
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La Colombe dโOr โ Inn, Myth, Museum
When you stroll through the medieval village of Saint-Paul-de-Vence today, along the narrow streets, past galleries and bougainvillea-covered facades, a place of almost mythical status opens up at the end of the city wall: La Colombe d’Or. Neither a glamorous grand hotel nor a simple country inn, but a cross between the two โ and at the same time a living museum where art and the art of living have been merging for almost a century.
The beginnings โ Paul Roux and his โGolden Doveโ
The establishment was opened in 1920 by Paul Roux, a former farmer’s son. Initially, it was a small cafรฉ with just a few tables, which quickly became a meeting place for villagers and travelers. Roux, a man of charisma and warmth, knew how to attract people. Together with his wife Titine, he ran the establishment in a family atmosphere, where the food was simple, Provenรงal, and generous. Soon, painters and writers began to discover the Cรดte d’Azur for themselves โ and found in the โGolden Doveโ a refuge that was more than just an inn.
Artists as guests โ from Picasso to Calder
After World War II in particular, La Colombe d’Or became a center for the avant-garde. Henri Matisse, who worked in Nice and Vence, is said to have stayed there, as did Marc Chagall, who settled in Saint-Paul. Georges Braque, Fernand Lรฉger, and Joan Mirรณ found their place here, as did Alexander Calder, who created the famous mobile sculpture tree in the garden.
According to legend, some artists paid their bills with drawings or canvases โ not out of poverty, but as a spontaneous gesture. This resulted in a collection that still adorns the walls of the house today: a mosaic of handwriting, colors, and shapes that can be viewed almost casually over dinner.
The guest book as a chronicle
The guest book of La Colombe d’Or is less a register than a miniature chronicle of the 20th century. It contains dedications by Pablo Picasso, who left behind sketches of bullfighting scenes, and entries by Jacques Prรฉvert, who lived in Saint-Paul for a long time and expressed his gratitude for the place in poetic words. The American writer James Baldwin, who found refuge in Provence, is also listed.
The entries oscillate between quickly jotted sketchesโheads, lines, a few birdsโand lyrical messages: Chagall wrote of the โblue air above the olives,โ while Calder drew a balance of forms with just a few strokes. The guest book is a mirror of bohemian life: informal but full of intensity, a documented dialogue between guests and host.
Myth and continuity
What makes La Colombe d’Or unique to this day is the combination of everyday life and world art. Here, original works hang next to the kitchen, above the tables, on the staircases โ not in a museum with white distance, but in the midst of life. You eat aioli or daube provenรงale under a Mirรณ, you drink wine in the shadow of Lรฉger’s bold colors.
Film stars and intellectuals also found their place here: Orson Welles, Yves Montand and Simone Signoret, Sophia Loren, later Roger Moore and Charlie Chaplin. In the 1950s and 60s, the establishment became a symbol of the blend of glamour and intimacy that characterized the Cรดte d’Azur.
To this day, La Colombe d’Or has remained family-owned and run by the descendants of Paul Roux. That’s what makes it so magical: it’s not a sterile hotel chain, but an organism that has grown over generations and remains true to itself.
Conclusion
La Colombe d’Or is more than a hotel or restaurant: it is a narrative woven from stone, color, and memory. Its historical development mirrors the evolution of art in the 20th century, and its guests represent the longing for a place where food, friendship, and art merge into one. The guest book remains the intimate heart of this storyโa poetic archive that lifts the โgolden doveโ into the skies of cultural history.
in german:
La Colombe dโOr โ Gasthaus, Mythos, Museum
Wenn man heute durch das mittelalterliche Dorf Saint-Paul-de-Vence schreitet, die engen Gassen entlang, vorbei an Galerien und Bougainvillea-bewachsenen Fassaden, รถffnet sich am Ende der Stadtmauer ein Ort, der fast mythischen Rang besitzt: La Colombe dโOr. Weder ein mondรคnes Grandhotel noch ein schlichtes Landgasthaus, sondern eine Kreuzung aus beidem โ und zugleich ein lebendes Museum, in dem Kunst und Lebenskunst seit fast einem Jahrhundert miteinander verschmelzen.
Die Anfรคnge โ Paul Roux und seine โGoldene Taubeโ
Das Haus wurde 1920 von Paul Roux, einem ehemaligen Bauernsohn, erรถffnet. Zunรคchst war es ein kleines Cafรฉ mit wenigen Tischen, das schnell zu einem Treffpunkt fรผr Dorfbewohner und Durchreisende wurde. Roux, ein Mann mit Charisma und Wรคrme, verstand es, Menschen anzuziehen. Mit seiner Frau Titine fรผhrte er das Haus in familiรคrer Atmosphรคre, wo das Essen schlicht, provenzalisch und groรzรผgig war. Schon bald begannen Maler und Schriftsteller, die Cรดte dโAzur fรผr sich zu entdecken โ und fanden in der โGoldenen Taubeโ ein Refugium, das mehr war als ein Gasthaus.
Kรผnstler als Gรคste โ von Picasso bis Calder
Besonders nach dem Zweiten Weltkrieg wurde La Colombe dโOr zu einem Zentrum der Avantgarde. Henri Matisse, der in Nizza und Vence arbeitete, soll ebenso eingekehrt sein wie Marc Chagall, der sich in Saint-Paul niederlieร. Georges Braque, Fernand Lรฉger und Joan Mirรณ fanden hier ebenso ihren Platz wie Alexander Calder, der den berรผhmten mobilen Skulpturenbaum im Garten schuf.
Der Legende nach bezahlten manche Kรผnstler ihre Rechnungen mit Zeichnungen oder Leinwรคnden โ nicht aus Armut, sondern aus spontaner Geste. So entstand eine Sammlung, die bis heute die Wรคnde des Hauses schmรผckt: ein Mosaik an Handschriften, Farben und Formen, das man beim Abendessen fast beilรคufig betrachten kann.
Das Gรคstebuch als Chronik
Das Gรคstebuch von La Colombe dโOr ist weniger ein Register als eine Chronik des 20. Jahrhunderts in Miniatur. Darin finden sich Widmungen von Pablo Picasso, der skizzenhaft Stierkampfszenen hinterlieร, oder Eintrรคge von Jacques Prรฉvert, der lange Zeit in Saint-Paul lebte und in poetischen Worten seine Dankbarkeit fรผr den Ort notierte. Auch der amerikanische Schriftsteller James Baldwin, der in der Provence Zuflucht fand, ist verzeichnet.
Die Eintrรคge oszillieren zwischen rasch hingeworfenen Skizzen โ Kรถpfe, Linien, ein paar Vรถgel โ und lyrischen Botschaften: Chagall schrieb von der โblauen Luft รผber den Olivenโ, wรคhrend Calder mit wenigen Strichen eine Balance von Formen zeichnete. Das Gรคstebuch ist ein Spiegel der Boheme: informell, aber voller Intensitรคt, ein dokumentierter Dialog zwischen Gรคsten und Gastgeber.
Mythos und Kontinuitรคt
Was La Colombe dโOr bis heute einzigartig macht, ist die Verbindung von Alltรคglichkeit und Weltkunst. Hier hรคngen Originalwerke neben der Kรผche, รผber den Tischen, an den Treppenaufgรคngen โ nicht wie in einem Museum mit weiรer Distanz, sondern inmitten des Lebens. Man isst Aioli oder Daube provenรงale unter einem Mirรณ, man trinkt Wein im Schatten von Lรฉgers krรคftigen Farben.
Auch Filmstars und Intellektuelle fanden hier ihren Ort: Orson Welles, Yves Montand und Simone Signoret, Sophia Loren, spรคter Roger Moore oder Charlie Chaplin. In den 1950er- und 60er-Jahren wurde das Haus zu einem Symbol fรผr jene Mischung aus Glamour und Intimitรคt, die die Cรดte dโAzur prรคgte.
Bis heute ist La Colombe dโOr in Familienbesitz geblieben โ gefรผhrt von den Nachkommen Paul Rouxโ. Das macht seinen Zauber aus: keine sterile Hotelkette, sondern ein รผber Generationen gewachsener Organismus, der sich selbst treu bleibt.
Fazit
La Colombe dโOr ist mehr als ein Hotel oder Restaurant: Es ist eine Erzรคhlung aus Stein, Farbe und Erinnerung. Seine historische Entwicklung spiegelt die Bewegung der Kunst im 20. Jahrhundert, seine Gรคste reprรคsentieren die Sehnsucht nach einem Ort, an dem Essen, Freundschaft und Kunst zu einer Einheit verschmelzen. Das Gรคstebuch bleibt das intime Herz dieser Geschichte โ ein poetisches Archiv, das die โgoldene Taubeโ in die Lรผfte der Kulturgeschichte hebt.
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Nietzsche in Nice and รze
Nietzsche in Nice and รze โ A Portrait
When Friedrich Nietzsche traveled to Nice in the winter of 1883/84, he was not only seeking the mild climate of the Cรดte d’Azur. He was seeking relief for his pain-ridden body, the rhythm of the sea, the clarity of the sky. What opened up for him here was more than just a โspa stayโ: it was an aesthetic experience, a new topography of thought.
In a letter to his sister Elisabeth, he wrote from Nice:
“I have never seen such a sky, such brightness in the air, which lies like a light cloak over everything. Here one lives in a world of colors that gives birth not to intoxication but to clarity. Blue, the inexhaustible blue, permeates my entire thinking.”This view is significant: Nietzsche sees in the colors of Nice not a decorative idyll, but an existential reinforcement. Unlike in Turin or Genoa, where winter always brought him heaviness and illness, Nice opens up the possibility for him to experience the body not as an enemy, but as a resonance chamber of perception. Here he does not speak contemptuously of the body, but recognizes it as part of that โgreat yesโ that his philosophy seeks.
The road to รze โ philosophy on the move
From Nice, an old mule track leads along the coast up to รze, the eagle’s nest above the sea. Nietzsche often walked this path. The steep steps, the shimmer of light on the olive leaves, the play of shadows and rocks accompanied him like a silent choir.
He notes:
โIt is as if with every step you enter another world of thoughts. The ascent is difficult, but it resembles what thinking itself demands: difficulty in order to reach the heights.โDuring these walks, the seed of that great unfinished work that would later become known as The Will to Power began to mature. Nietzsche’s notes from this period reveal a shift away from pure criticism of morality toward a philosophy of creation, of shaping, of โaffirming life.โ
For Nietzsche, the will to power was not an abstract metaphor. He understood it as the dynamic energy that drives all living things, not only the spirit, but also nature, colors, the power of the sea, which he felt so directly in Nice. The body was no longer a burden to be overcome, but the place where this power manifests itself.
Letters from a world of colors
In another letter to his sister, he writes:
โHere in Nice, one learns how easy life can be when it speaks only through colors. Everything is bright, not in the way of dazzling snow, but like the most delicate music.โThese words are not merely private enthusiasm. They mark a turning point: Nietzsche develops a way of thinking that affirms the richness of appearances, that does not despise the body but recognizes it as a mediator of experience. For him, the world of colors is not an illusion but an expression of a depth that constitutes life itself.
Nice as a place of affirmation
Thus, Nice becomes a symbolic place of affirmation for Nietzsche. The road to รze, the Mediterranean light, the bright facades of the old town, the vastness of the skyโall this is not a backdrop, but an active part of his thinking. It shapes the tone that can later be described as the โDionysianโ aspect of his late work: a way of thinking that is born not of contempt, but of affirmative power.
The sea, the stones, the olive treesโthey appear in his philosophy not as romantic scenery, but as allies. The concept of the will to power is not abstract here, but concrete: the sea shows it in its waves, the body in pain, the colors in their brilliance.
Conclusion
Nietzsche’s Nice is not a place of escape, but a space for thought. By walking the Cรดte d’Azur, by talking about colors in his letters, by experiencing the body as a resonance of the world, he opens up a new possibility for philosophy: a philosophy without contempt for the body.
On the path to รze, high above the sea, it seemed as if his thoughts were connected to the lightโas if philosophy itself had become a walk, a path on which thought seeks altitude step by step.
in german:
Nietzsche in Nizza und รze โ Ein Portrรคt
Wenn Friedrich Nietzsche im Winter 1883/84 nach Nizza reist, sucht er nicht allein das milde Klima der Cรดte dโAzur. Er sucht die Erleichterung fรผr seinen schmerzgeplagten Kรถrper, den Rhythmus des Meeres, die Klarheit des Himmels. Was sich hier fรผr ihn erรถffnet, ist mehr als ein bloรes โKuraufenthaltโ: es ist eine รคsthetische Erfahrung, eine neue Topographie des Denkens.
In einem Brief an seine Schwester Elisabeth schreibt er aus Nizza:
โIch habe noch nie einen solchen Himmel gesehen, eine solche Helle der Luft, die sich wie ein lichter Mantel รผber alles legt. Man lebt hier in einer Welt der Farben, die nicht den Rausch, sondern die Klarheit gebiert. Blau, das unerschรถpfliche Blau, wie es mein ganzes Denken durchdringt.โDieser Blick ist bezeichnend: Nietzsche sieht in den Farben Nizzas nicht die dekorative Idylle, sondern eine existentielle Verstรคrkung. Anders als in Turin oder Genua, wo der Winter fรผr ihn immer wieder Schwere und Krankheit brachte, รถffnet Nizza ihm die Mรถglichkeit, den Leib nicht als Feind, sondern als Resonanzraum der Wahrnehmung zu erfahren. Hier spricht er nicht verรคchtlich vom Kรถrper, sondern anerkennt ihn als Teil jenes โgroรen Jaโ, das seine Philosophie sucht.
Der Weg nach รze โ Philosophie im Gehen
Von Nizza aus fรผhrt ein alter Saumpfad die Kรผste entlang hinauf nach รze, das Adlernest รผber dem Meer. Nietzsche ging diesen Weg hรคufig. Die steilen Stufen, das Flimmern des Lichts auf den Olivenblรคttern, das Spiel von Schatten und Felsen begleiteten ihn wie ein stiller Chor.
Er notiert:
โEs ist, als ob man mit jedem Schritt in eine andere Welt von Gedanken trete. Der Aufstieg ist schwer, doch er gleicht dem, was das Denken selbst verlangt: Schwere, um zur Hรถhe zu gelangen.โIn diesen Spaziergรคngen reifte der Keim zu jenem groรen unvollendeten Werk, das spรคter unter dem Titel Der Wille zur Macht bekannt werden sollte. Nietzsches Aufzeichnungen aus dieser Zeit zeigen eine Bewegung: weg von der reinen Kritik an der Moral hin zu einer Philosophie der Schรถpfung, des Gestaltens, der โBejahung des Lebensโ.
Der Wille zur Macht war fรผr Nietzsche keine abstrakte Metapher. Er verstand ihn als jene dynamische Energie, die alles Lebendige antreibt, nicht nur den Geist, sondern auch die Natur, die Farben, die Kraft des Meeres, die er in Nizza so unmittelbar empfand. Der Leib war nicht mehr die Last, die man รผberwinden muss, sondern der Ort, an dem sich diese Macht zeigt.
Briefe aus einer Welt der Farben
In einem anderen Brief an seine Schwester findet sich der Satz:
โHier in Nizza lernt man, wie leicht das Leben sein kann, wenn es nur durch Farben spricht. Alles ist hell, nicht in der Weise des blendenden Schnees, sondern wie die zarteste Musik.โDiese Worte sind nicht bloร private Schwรคrmerei. Sie markieren einen Wendepunkt: Nietzsche entwirft ein Denken, das den Reichtum der Erscheinungen bejaht, das den Kรถrper nicht verachtet, sondern ihn als Mittler der Erfahrung anerkennt. Die Welt der Farben ist ihm nicht Illusion, sondern Ausdruck einer Tiefe, die das Leben selbst ausmacht.
Nizza als Ort der Affirmation
So wird Nizza fรผr Nietzsche zum symbolischen Ort der Affirmation. Der Weg nach รze, das mediterrane Licht, die leuchtenden Fassaden der Altstadt, die Weite des Himmels โ all dies ist kein Hintergrund, sondern aktiver Teil seines Denkens. Es prรคgt jenen Ton, den man spรคter als das โDionysischeโ seines Spรคtwerks beschreiben kann: ein Denken, das nicht aus der Verachtung, sondern aus der bejahenden Kraft geboren wird.
Das Meer, die Steine, die Olivenbรคume โ sie treten in seine Philosophie nicht als romantische Staffage, sondern als Verbรผndete. Das Konzept des Willens zur Macht ist hier nicht abstrakt, sondern konkret: das Meer zeigt es im Wogen, der Kรถrper im Schmerz, die Farben im Glanz.
Schluss
Nietzsches Nizza ist kein Fluchtort, sondern ein Denkraum. Indem er die Cรดte dโAzur ergeht, indem er in Briefen von den Farben spricht, indem er den Kรถrper als Resonanz der Welt erfรคhrt, รถffnet er eine neue Mรถglichkeit der Philosophie: eine Philosophie ohne Verachtung des Leibes.
Auf dem Pfad nach รze, hoch รผber dem Meer, schien es, als ob sich seine Gedanken mit dem Licht verbanden โ als ob die Philosophie selbst zum Spaziergang geworden wรคre, ein Weg, auf dem das Denken Schritt fรผr Schritt die Hรถhe sucht.
Einige Originalzitate und ihre Bedeutung
- Brief aus Genua, Ende November 1883 โ[โฆ] morgen geht es fort, meine Herzenslieben, ich will etwas Neues, nรคmlich Nizza, versuchen, denn Genua hat mir diesesmal nicht gutgetan. Auch war ich inzwischen hier zu bekannt geworden โ ich konnte nicht mehr leben, wie ich wollte. Genua ist mir eine ausgezeichnete Schule harter, einfacher Lebensweise gewesen; ich weiร jetzt, daร ich wie ein Arbeiter und Mรถnch leben kann. [โฆ] Sobald ich mich fest fรผr Nizza entschlossen habe, schreibe ich.โ Projekt Gutenberg Hier zeigt sich deutlich sein Sehnen nach Nizza, nicht nur als Ort kรถrperlicher Erleichterung, sondern als Ort, an dem er โleben, wie er wollteโ kann โ frei von dem Beklemmenden, das er in Genua empfand.
- Brief an Schwester aus Nizza, 26. Januar 1887 โโฆ bisher noch kein Stรคubchen Schnee; und wenn auch die ferneren Berge um Nizza herum sich weiร gepudert haben, so mรถchte dies mehr unter die Toilettenkรผnste dieser sรผdlรคndischen Schรถnheit und Zauberin gehรถren als unter ihre Bรถsartigkeiten โฆ Tatsรคchlich fehlt noch viel an der wirklichen Gesundheit; ich erinnere mich aber eines ganzen Nachmittags, wo ich mir gesund vorkam,โฆโ Projekt Gutenberg Dieses Zitat vermittelt, wie Nietzsche das milde Klima, das Licht und die Schรถnheit der Umgebung positiv erlebt โ und wie diese Umgebung mit seiner Gesundheit, seiner Wahrnehmung und seinem Kรถrperempfinden verbunden ist. Man merkt: Der Kรถrper ist nicht Objekt der Verachtung, sondern Teil seiner Erfahrung.
- Brief an Schwester, Nizza, โes wimmelt โฆโ (spรคter Winter) โDie Tage kommen hier mit einer unverschรคmten Schรถnheit daher; es gab nie einen vollkommneren Winter. Und diese Farben Nizzas: ich mรถchte sie Dir schicken. Alle Farben mit einem leuchtenden Silbergrau durchgesiebt; geistige, geistreiche Farben; nicht ein Rest mehr von der Brutalitรคt der Grundtรถne. Der Vorzug dieses kleinen Stรผcks Kรผste zwischen Alassio und Nizza ist eine Erlaubnis zum Afrikanismus in Farbe, Pflanze und Lufttrockenheit: das kommt im รผbrigen Europa nicht vor.โ Projekt Gutenberg Das ist wohl einer der besten Belege dafรผr, wie Nietzsche die Farben und das Licht empfindet, wie er Nizza selbst als fast einzigartigen Erfahrungsraum malt. โNicht ein Rest mehr von der Brutalitรคt der Grundtรถneโ โ hier klingt durch, dass die Umgebung ihn sensibilisiert, lasst Kรถrper und Sinne in positiver Weise wirken.
- Brief vom 23. Mรคrz 1887 โIch wรผnsche etwas mehr Geld zu haben, so daร ich โฆ eine eigene Kรผche haben kรถnnte. โฆ Es ist auch eine Sache des Stolzes: ich mรถchte ein Leben fรผhren, das wirklich mir gemรคร ist und nicht derartig schablonenmรครig erscheint โฆโ Projekt Gutenberg In diesem Zitat kommt heraus: Nietzsche wรผnscht sich Bedingungen, unter denen Leben und Leib in einem Einklang stehen, ohne fremde Zwรคnge, mรถglichst im Einklang mit eigenem Wesen. Auch das spricht gegen Verachtung des Leibes und fรผr eine Philosophie, die Kรถrper, Sinne und รคuรere Umgebung ernst nimmt.
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Renoir und Monet am Cap Martin
Renoir und Monet am Cap Martin โ Ein Disput in Farben
Im Frรผhjahr 1884, als Auguste Renoir und Claude Monet gemeinsam auf eine Studienreise an die Cรดte dโAzur aufbrachen, war die Riviera noch weit entfernt vom mondรคnen Glanz, den sie wenige Jahrzehnte spรคter ausstrahlen sollte. Zwischen Menton und Cap Martin herrschte eine eigentรผmliche Mischung aus Herbheit und Sanftheit: Olivenhaine, deren silbriges Laub im Wind zitterte, dunkelgrรผne Pinien, die dem gleiรenden Blau des Meeres scharf gegenรผberstanden. Fรผr beide Maler, die seit Jahren als fรผhrende Kรถpfe des Impressionismus galten, war es eine Landschaft, die das Licht selbst zum Gegenstand der Malerei erhob.
Am Zollweg oberhalb von Cap Martin, von wo der Blick weit nach Osten รผber Menton hinaus bis an die ligurische Kรผste reichte, stellten sie ihre Staffeleien auf. Renoir hatte sich nach seiner Reise nach Italien verstรคrkt auf eine klassischere, fast an Ingres erinnernde Bildsprache zubewegt, doch in seinen Darstellungen der Riviera entfaltete er wieder jene vibrierende Sinnlichkeit, die ihn berรผhmt gemacht hatte. Sein Gemรคlde Vue de Menton (1884) zeigt das Stรคdtchen in einer Fรผlle warmer Farben, beinahe wie in einen Schleier mediterraner Glut getaucht.
Monet hingegen blieb in seiner Serie von Ansichten des Cap Martin โ heute verstreut in Museen und Privatsammlungen โ seinem Prinzip treu, das wechselnde Licht in nuancierten Schattierungen zu bannen. Dort erscheint das Meer nicht als eine feste, einmalige Farbe, sondern als unendliches Spektrum von Blau, Violett und Grรผn, je nach Tageszeit und Wetter.
Gerade diese Differenz fรผhrte zu einem leidenschaftlichen Disput. Renoir beharrte darauf, dass das Mittelmeer nicht in seiner Flรผchtigkeit, sondern in seiner sinnlichen Bestรคndigkeit eingefangen werden mรผsse. Fรผr ihn war das Blau keine analytische Kategorie, sondern eine Umarmung, eine kรถrperlich erfahrbare Wรคrme. Monet hingegen hielt entgegen, dass die Wahrheit in der unermรผdlichen Beobachtung liege: im Flirren der Reflexe, im Spiel der wechselnden Wolken, im Atem des Windes รผber den Wellen.
So entstanden zwei Bilder vom gleichen Ort โ beide zeigen den Zollweg mit Blick auf Menton, und doch kรถnnten sie unterschiedlicher kaum sein. Renoirs Leinwand leuchtet in satten, warmen Tรถnen, als wolle sie die Riviera zum Fest machen. Monets Bild dagegen trรคgt die Handschrift der Flรผchtigkeit: das Meer als lebendiger Organismus, der nie stillsteht.
In dieser Gegenรผberstellung spiegelt sich nicht nur ein persรถnlicher Disput, sondern das ganze Spannungsfeld des Impressionismus. Wรคhrend Renoir zunehmend eine Synthese aus klassischer Form und impressionistischer Farbe suchte, blieb Monet dem radikalen Experiment verpflichtet, das Licht in seiner momentanen Erscheinung festzuhalten. Dass beide 1884 am Cap Martin nebeneinander arbeiteten, lรคsst sich in ihren Werken nachweisen: Renoirs Vue de Menton und Monets Serie der Kรผstenansichten bilden bis heute einen faszinierenden Dialog zweier Temperamente.
So bleibt dieser Spaziergang am Cap Martin nicht bloร eine Episode, sondern ein symbolisches Bild. Auf dem schmalen Weg oberhalb des Mittelmeers verdichtete sich der Gegensatz zweier kรผnstlerischer Haltungen zu einer produktiven Spannung. Die Cรดte dโAzur schenkte beiden ihre Wahrheit โ die eine glรผhend und kรถrperlich, die andere flรผchtig und atmend. Und in der Summe beider Bilder lebt bis heute der Zauber dieser Landschaft fort, als Echo eines Disputs, der das Wesen der impressionistischen Malerei berรผhrt.
Kunsthistorische Quellen & Standorte
- Monet: Cap Martin, nahe Menton, 1884
Dieses Gemรคlde befindet sich in der Sammlung des Museum of Fine Arts, Boston (USA). MFA Boston Custom Prints+1
Dort ist es katalogisiert als โCap Martin, near Menton, 1884โ. MFA Boston Custom Prints - Renoir: Landscape on the Coast, near Menton, 1883
Dieses Bild โ ein frรผher Blick auf die Kรผste bei Menton โ gehรถrt ebenfalls zur Sammlung des Museum of Fine Arts, Boston. collections.mfa.org
Maรe: ca. 65,7 ร 81,3 cm. collections.mfa.org - Renoir-Museum in Cagnes-sur-Mer
Obwohl es eigentlich kein Standort fรผr die Cap-Martin-Arbeiten selbst ist (soweit dokumentiert), enthรคlt das Musรฉe Renoir in Cagnes-sur-Mer Originalgemรคlde, Skulpturen, und das Atelier Renoirs, und ist damit ein bedeutender Ort, um sich mit Renoirs Werk und seinen spรคten Lebensjahren auseinanderzusetzen. Cรดte dโAzur Frankreich+1
Painting Claude Monet Cap Martin Menton
Painting Monet Cap Martin
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Painting Auguste Renoir, La Grenouillere
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- Monet: Cap Martin, nahe Menton, 1884
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Klaus Mann in exile in Sanary
Cafรฉ de Lyon, Sanary-sur-Mer
The afternoon sun cast a golden glow on the whitewashed walls of Sanary. The Cafรฉ de Lyon, a meeting place for exiles, vibrated with voices at a semi-loud intensity, like a stage where everyone was aware of their role. The waiter scurried between the tables, glasses clinked, and in the distance, the Mediterranean Sea roared.
They sat gathered around a round marble table: Klaus Mann, slim, nervous, cigarette perpetually between his fingers; next to him, Eva Herrmann, the illustrator with the sharp gaze that captured faces like paper cutouts; her friend Sybille, who listened attentively; the eloquent Egon Erwin Kisch, the reporter who always seemed to bring a piece of the world with him; the couple Ludwig and Sascha Marcuse, the philosopher and his clever companion; and the Huxleys, Aldous with an ironic, almost absent smile, Maria at his side, who faced European dramas with quiet patience.
Klaus leaned forward, his dark hair falling into his face.
โIt’s the pain of a summer,โ he said quietly, โthat won’t go away. We are all uprooted, all homeless, and yet โ we carry within us the longing for a lost youth. I tried to capture this sadness in literature. But perhaps it was too raw, too direct.โEva Herrmann took a drag on her cigarette, letting the smoke rise in rings to the ceiling.
โToo direct? No, Klaus. Your pain was genuine. The only question is: is honesty enough when the world is on fire?โKisch laughed throatily.
โOh, honesty is a luxury. What counts is attitude! You literati can lose yourselves in your painโI bring the naked facts, the cries from the streets. Your Mephisto, Klaus, I see more attitude there: the masks of power, the corruption of the soul. That’s not just lamentation, that’s accusation.โAldous Huxley tilted his head, his voice sober and cool as glass:
“And yet the question remains: is Mephisto a warning โ or a betrayal? You Germans write about the demons of your own stage, while the rest of Europe hesitates to name the impending catastrophe. The danger lies not only in the actor who sells himself, but in the audience that applauds.”Sybille turned to him.
โBut maybe that’s exactly it, Aldousโthe actor as a mirror. When you recognize Grรผndgens, you recognize an entire generation that is willing to make compromises with the devil.โLudwig Marcuse, the philosopher, spoke deliberately, almost professorially:
“The character in Mephisto is not just the actor. He is an allegory. Anyone who makes a career in the Reich always sells their morals as well. The question, Klaus, is: have you created an epicโor a roman ร clef? If it’s the latter, it will stick to the person. If it is the former, then it will outlive us.”Klaus pressed his lips together, then nodded.
โI want to be both. A witness to history and an accuser. Personal and universal. Maybe I won’t succeed, maybe I’ll fall between two stools. But I can’t remain silent.โMaria Huxley placed her hand lightly on Aldous’ arm, almost soothingly.
โSanary is full of voices, full of books. And yetโฆ do they hear the world outside? Maybe it takes bothโthe reporter, the poet, the analyst, the allegory. Maybe each of you is a piece of a greater truth.โA gust of wind blew in from the harbor, rattling the awnings, bringing the smell of salt and seaweed. For a moment, they all fell silent, only the clinking of glasses and the distant laughter of other guests could be heard.
Then Kisch raised his glass.
โTo pain, to the devil, to exile! And to the fact that at least here, in this little Cafรฉ de Lyon, we have a little bit of freedom.โKlaus looked around, and despite all the gloom, a smile flitted across his face.
โAnd to the hope that words are not entirely powerless.โThe glasses clinked. Outside, the sea was roaring.
in french:
Cafรฉ de Lyon, Sanary-sur-Mer
Le soleil de l’aprรจs-midi donnait un รฉclat dorรฉ aux murs blanchis ร la chaux de Sanary. Le Cafรฉ de Lyon, lieu de rencontre des exilรฉs, vibrait d’une intensitรฉ ร demi-voix, comme une scรจne oรน chacun รฉtait conscient de son rรดle. Le serveur se prรฉcipitait entre les tables, les verres tintaient et, au loin, la Mรฉditerranรฉe murmurait.
Ils รฉtaient assis autour d’une table ronde en marbre : Klaus Mann, mince, nerveux, une cigarette constamment entre les doigts ; ร cรดtรฉ de lui, Eva Herrmann, l’illustratrice au regard perรงant qui saisissait les visages comme des silhouettes dรฉcoupรฉes ; son amie Sybille, qui รฉcoutait attentivement ; Egon Erwin Kisch, le reporter รฉloquent, qui semblait toujours apporter avec lui un morceau du monde ; le couple Ludwig et Sascha Marcuse, le philosophe et sa compagne intelligente ; et les Huxley, Aldous avec un sourire ironique, presque absent, Maria ร ses cรดtรฉs, qui affrontait les drames europรฉens avec une patience tranquille.
Klaus se pencha en avant, ses cheveux noirs tombant sur son visage.
ยซ C’est la douleur d’un รฉtรฉ ยป, dit-il doucement, ยซ qui ne passe pas. Nous sommes tous dรฉracinรฉs, tous sans patrie, et pourtant, nous portons en nous la nostalgie d’une jeunesse perdue. J’ai essayรฉ de capturer cette tristesse dans mes รฉcrits. Mais peut-รชtre รฉtait-ce trop cru, trop direct. ยปEva Herrmann tira sur sa cigarette, laissant la fumรฉe s’รฉlever en volutes vers le plafond.
ยซ Trop direct ? Non, Klaus. Ta douleur รฉtait sincรจre. La question est seulement de savoir si la sincรฉritรฉ suffit quand le monde est en flammes. ยปKisch rit d’un rire guttural.
ยซ Oh, l’honnรชtetรฉ est un luxe. Ce qui compte, c’est l’attitude ! Vous, les littรฉraires, vous pouvez vous perdre dans votre douleur โ moi, j’apporte les faits bruts, les cris qui montent des rues. Ton Mรฉphisto, Klaus, j’y vois davantage une attitude : les masques du pouvoir, la corruption de l’รขme. Ce n’est pas seulement une plainte, c’est une accusation. ยปAldous Huxley inclina la tรชte, la voix sobre et froide comme du verre :
ยซ Et pourtant, la question demeure : Mรฉphisto est-il un avertissement ou une trahison ? Vous, les Allemands, vous รฉcrivez sur les dรฉmons de votre propre scรจne, tandis que le reste de l’Europe hรฉsite ร nommer la catastrophe imminente. Le danger ne rรฉside pas seulement dans l’acteur qui se vend, mais aussi dans le public qui applaudit. ยปSybille se tourna vers lui.
ยซ Mais c’est peut-รชtre justement cela, Aldous : l’acteur comme miroir. Quand on reconnaรฎt Grรผndgens, on reconnaรฎt toute une gรฉnรฉration prรชte ร faire des compromis avec le diable. ยปLudwig Marcuse, le philosophe, s’exprima posรฉment, presque comme un professeur :
ยซ Le personnage de Mรฉphisto n’est pas seulement l’acteur. C’est une allรฉgorie. Quiconque fait carriรจre dans le Reich vend toujours aussi sa morale. La question, Klaus, est la suivante : as-tu crรฉรฉ une รฉpopรฉe ou un roman ร clรฉs ? Si c’est le cas, cela restera liรฉ ร la personne. Si c’est le premier, alors elle nous survivra. ยปKlaus serra les lรจvres, puis acquiesรงa.
ยซ Je veux รชtre les deux. Tรฉmoin de mon temps et accusateur. Personnel et universel. Peut-รชtre que je n’y parviendrai pas, peut-รชtre que je tomberai entre deux chaises. Mais je ne peux pas me taire. ยปMaria Huxley posa lรฉgรจrement la main sur le bras d’Aldous, presque pour l’apaiser.
ยซ Sanary regorge de voix, de livres. Et pourtantโฆ entendent-ils le monde extรฉrieur ? Peut-รชtre faut-il les deux : le reporter, le poรจte, l’analyste, l’allรฉgorie. Peut-รชtre que chacun d’entre vous est un morceau d’une vรฉritรฉ plus grande. ยปUne rafale de vent souffla depuis le port, secoua les auvents et apporta une odeur de sel et d’algues. Pendant un instant, ils restรจrent tous silencieux, seuls le tintement des verres et les rires lointains des autres clients se faisaient entendre.
Puis Kisch leva son verre.
ยซ ร la douleur, au diable, ร l’exil ! Et au fait qu’au moins ici, dans ce petit Cafรฉ de Lyon, nous avons un peu de libertรฉ. ยปKlaus regarda autour de lui et, malgrรฉ toute sa mรฉlancolie, un sourire effleura son visage.
ยซ Et ร l’espoir que les mots ne sont pas tout ร fait impuissants. ยป
in german:
Cafรฉ de Lyon, Sanary-sur-Mer
Die Nachmittagssonne legte einen goldenen Schimmer auf die weiร getรผnchten Mauern von Sanary. Das Cafรฉ de Lyon, Treffpunkt der Exilanten, vibrierte von Stimmen in halblauter Intensitรคt, wie eine Bรผhne, auf der jeder sich seiner Rolle bewusst war. Zwischen den Tischen huschte der Kellner, die Glรคser klirrten, und in der Ferne rauschte das Mittelmeer.
An einem runden Marmortisch saรen sie versammelt: Klaus Mann, schlank, nervรถs, die Zigarette unentwegt zwischen den Fingern; neben ihm Eva Herrmann, die Illustratorin mit dem scharfen Blick, der die Gesichter wie Scherenschnitte erfasste; ihre Freundin Sybille, die aufmerksam lauschte; der wortgewaltige Egon Erwin Kisch, der Reporter, der immer ein Stรผck Welt mitzubringen schien; das Paar Ludwig und Sascha Marcuse, der Philosoph und seine kluge Gefรคhrtin; und die Huxleys, Aldous mit einem ironischen, fast abwesenden Lรคcheln, Maria an seiner Seite, die den europรคischen Dramen mit stiller Geduld entgegensah.
Klaus lehnte sich vor, das dunkle Haar fiel ihm ins Gesicht.
โEs ist der Schmerz eines Sommers,โ sagte er leise, โder nicht vergeht. Wir sind alle entwurzelt, alle heimatlos, und doch โ wir tragen die Sehnsucht nach einer verlorenen Jugend in uns. Ich habe versucht, diese Trauer literarisch einzufangen. Aber vielleicht war es zu nackt, zu direkt.โEva Herrmann zog an ihrer Zigarette, lieร den Rauch in Ringen zur Decke steigen.
โZu direkt? Nein, Klaus. Dein Schmerz war ehrlich. Die Frage ist nur: ob Ehrlichkeit ausreicht, wenn die Welt in Flammen steht.โKisch lachte kehlig.
โAch, Ehrlichkeit ist ein Luxus. Was zรคhlt, ist Haltung! Ihr Literaten kรถnnt euch in eurem Schmerz verlieren โ ich bringe die nackten Tatsachen, die Schreie aus den Straรen. Dein Mephisto, Klaus, da erkenne ich mehr Haltung: die Masken der Macht, die Korruption der Seele. Das ist nicht nur Klage, das ist Anklage.โAldous Huxley neigte den Kopf, die Stimme nรผchtern und kรผhl wie Glas:
โUnd doch bleibt die Frage: ist Mephisto eine Warnung โ oder ein Verrat? Ihr Deutschen schreibt รผber die Dรคmonen eurer eigenen Bรผhne, wรคhrend der Rest Europas zรถgert, die drohende Katastrophe zu benennen. Die Gefahr liegt nicht nur im Schauspieler, der sich verkauft, sondern im Publikum, das Beifall klatscht.โSybille wandte sich zu ihm.
โVielleicht ist es aber gerade das, Aldous โ der Schauspieler als Spiegel. Wenn man Grรผndgens erkennt, erkennt man eine ganze Generation, die bereit ist, Kompromisse mit dem Teufel einzugehen.โLudwig Marcuse, der Philosoph, sprach bedรคchtig, fast professoral:
โDie Figur im Mephisto ist nicht nur der Schauspieler. Sie ist Allegorie. Wer im Reich Karriere macht, verkauft immer auch seine Moral. Die Frage, Klaus, ist: hast du ein Epos geschaffen โ oder ein Schlรผsselroman? Wenn es Letzteres ist, bleibt es an der Person hรคngen. Wenn es Ersteres ist, dann wird es uns รผberdauern.โKlaus presste die Lippen zusammen, dann nickte er.
โIch will beides sein. Zeitzeuge und Anklรคger. Persรถnlich und universal. Vielleicht gelingt es nicht, vielleicht falle ich zwischen die Stรผhle. Aber ich kann nicht schweigen.โMaria Huxley legte die Hand leicht auf Aldousโ Arm, fast beschwichtigend.
โSanary ist voller Stimmen, voller Bรผcher. Und dochโฆ hรถren sie drauรen die Welt? Vielleicht braucht es beides โ den Reporter, den Dichter, den Analytiker, die Allegorie. Vielleicht ist jeder von euch ein Stรผck einer grรถรeren Wahrheit.โEin Windstoร wehte vom Hafen herรผber, rรผttelte an den Markisen, brachte den Geruch von Salz und Tang. Fรผr einen Moment schwiegen sie alle, nur das Klirren der Glรคser und das ferne Lachen anderer Gรคste war zu hรถren.
Dann hob Kisch sein Glas.
โAuf den Schmerz, auf den Teufel, auf das Exil! Und darauf, dass wir wenigstens hier, in diesem kleinen Cafรฉ de Lyon, ein Stรผck Freiheit haben.โKlaus sah in die Runde, und trotz aller Schwermut huschte ein Lรคcheln รผber sein Gesicht.
โUnd auf die Hoffnung, dass Worte nicht ganz machtlos sind.โDie Glรคser stieรen an. Drauรen brandete das Meer.